Länderfusion kostet Berlin Milliarden

■ Zweite Sitzung der Regierungskommisson von Berlin und Brandenburg/ Potsdamer Finanzminister: Bedenken gegen Fusion »untermauert«/ Berlin für Neuordnung beim Länderfinanzausgleich

Berlin. Konkrete Beschlüsse konnten die Regierungsmitglieder aus Berlin und Potsdam nicht verkünden, nachdem sie sich am Samstag zur zweiten Sitzung der gemeinsamen Regierungskommission getroffen hatten. Der Berliner Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) und Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) bekräftigten nach der Sitzung lediglich ihre bekannte Haltung zum geplanten Großflughafen »Berlin International«: Der neue Airport sollte südlich von Berlin entstehen. Den von Bonn favorisierten Standort Parchim— auf halber Strecke zwischen Berlin und Hamburg gelegen — lehnten Diepgen und Stolpe einmütig ab. »Der Traum, Berliner und Brandenburger nach Parchim zu holen«, so Stolpe, »ist ausgeträumt.«

Im Mittelpunkt der Beratungen im Jagdschloß Glienicke stand jedoch die heikle Frage nach der finanziellen Lage eines gemeinsamen Bundeslandes. Seine Bedenken seien durch die vorgelegten Zahlen nicht ausgeräumt, sondern »nur noch untermauert worden«, sagte der Potsdamer Finanzminister Klaus-Dieter Kühbacher nach der Sitzung.

Kühbacher spielte damit offenbar auf interne Berechnungen an, die Beamte des Berliner Finanzsenators Elmar Pieroth (CDU) bereits im November vergangenen Jahres angestellt hatten. Danach wäre Berlin »für seine finanzielle Lebensfähigkeit« auf »die Stadtstaateneigenschaft« angewiesen. Aus dem Länderfinanzausgleich, so rechneten die Experten vor, würde ein vereinigtes Land 3,6 Milliarden Mark weniger erhalten als »die Singles Berlin und Brandenburg zusammengenommen«. Hauptursache dafür sei, daß Berlin als Kommune in einem vereinigten Bundesland Berlin-Brandenburg nicht in den Genuß des sogenannten »Stadtstaatenprivilegs« käme, nach dem Stadtstaaten pro Kopf ihrer Bevölkerung eine höhere finanzielle Förderung zusteht.

Das »Kernproblem«, so Pieroths Finanzexperten in der Studie, wäre daneben jedoch die Tatsache, daß die Stadt bei einer Vereinigung drei Viertel ihres Steueraufkommens in die Kasse des gemeinsamen Landes abliefern müßte. Mit den verbleibenden Einnahmen könnte die Kommune »nicht einmal ihren Verwaltungsaufwand ausgleichen«. Für Investitionen wäre sie, wie andere Gemeinden auch, auf Zuweisungen des Landes angewiesen. Eine gemeinsame Landesregierung werde dabei nicht umhinkommen, die Berliner Einnahmen in einem gemeinsamen Land auch dafür zu verwenden, die ländlichen Teile Brandenburgs besser auszustatten. »Wesentliche Ausgabeneinschränkungen« in Berlin, »insbesondere bei der Wohnungsbauförderung sowie im Bildungswesen«, seien dann unausweichlich.

Im Gegensatz zu seinen Fachbeamten sprach sich Pieroth am Wochenende erneut dafür aus, trotz der finanziellen Probleme »alles« zu tun, »um eine Vereinigung der Länder zu erreichen«. Der Länderfinanzausgleich müsse so neugeordnet werden, daß eine Länderfusion nicht »finanzpolitisch unmöglich« werde. Diese Position, so der Finanzsenator weiter, sollten Berlin und Potsdam gemeinsam in Bonn vertreten. Wirtschaftspolitisch sei eine Fusion beider Länder nach wie vor »vernünftig«. hmt