Reste der »Dynamo Six«

■ Pokal-Halbfinale der Volleyball-Frauen: CJD Berlin traf auf Alstertal und siegte mit 3:0 Sätzen

Lichtenberg. Manchmal zieht es eben nicht nur die Gangster zurück zum Tatort. In der Sporthalle am Anton-Saefkow-Platz, wo früher die DDR-Volleyballerinnen des SC (Dynamo) Berlin von Sieg zu Sieg taumelten, wollte das Team des »Christlichen Jugenddorfes« (CJD) Berlin an eine gewinnbringende Tradition anknüpfen. Weil der Großteil der Dynamo/SC- Netzakrobatinnen nun das blaue Christen-Hemd trägt, wählte der hiesige Bundesligist konsequenterweise das eher triste Ambiente der Lichtenberger Halle, um gegen die Frauen aus dem Alstertal ins Pokalfinale einzuziehen.

Wer jedoch letztlich zur Stamm- Sechs zählte — darüber herrschte rund um das Jugenddorf bis kurz vor Spielbeginn beißende Unklarheit. Zu oft hatte in jüngster Vergangenheit der CJD-Trainer die Formation seines Vertrauens durcheinandergewirbelt, als daß das fachkundige Lichtenberger Publikum mit Fug und Recht behaupten konnte: Ja, diese und keine anderen sind die würdigen Nachfolger der »Dynamo Six«! Und jene noch nicht vernarbten Niederlagen gegen die Bundesligakonkurrenz aus Münster, Lohhof oder Schwerte waren alles andere als Fingerzeige in Richtung Idealformation.

So konnten sich also unter dem fahlen Deckenlicht der Saefkow- Halle höchstens Maike Arlt, Grit Naumann oder Susanne Lahme — die Dauerbrenner aus DDR-Zeiten — einigermaßen gelockert aufwärmen, während der Restkader um eine sichere Aufstellung bangen mußte. Denn für die Berlinerinnen war Bewegung nichts, das Ziel Endspiel jedoch alles. Sollte nämlich im zweiten Semifinale Münster gegen Tübingen die Oberhand behalten, wäre neben dem amtierenden Europapokalsieger der zweite Finalteilnehmer automatisch für den kommenden Europacup-Wettbewerb qualifiziert. Zusätzlich angestachelt von hedonistischen Stimmen aus dem Publikum (»Macht schnell, wir wollen zeitig essen!«), verteilte Berlins Zuspielerin Saskia van Hintum die Bälle derart geschickt am Netz, daß es ein leichtes war, sie punktebringend ins Feld der Hamburgerinnen zu schmettern. 9:0 führten die Einheimischen im ersten Satz, und so schien es, als ob Alstertal-Harksheide überhaupt kein Bein auf den Lichtenberger Hallenboden bekäme. Nur gegen Ende des ersten Durchgangs verstanden es die Hanseatentöchter, mit geschickten Kombinationen den gut postierten Abwehrblock Berlins gelegentlich zu überlisten. Aber zu mehr als einem kurzen Strohfeuer reichte es nicht. Also nahm die Partie einen recht betulichen, weil einseitigen Verlauf. Wie die Volleyball-Gemeinschaft von der Elbe dem Spree-Team um Bundesligapunkte vor Monaten gar eine 2:3-Niederlage zufügen konnte, blieb am Samstag ein Geheimnis.

Auch in den Sätzen zwei und drei geriet CJD Berlin nur selten unter Druck. Und falls das Ergebnis zwischenzeitlich recht knapp ausfiel, so war dies eher auf Konzentrationsmängel der siegessicheren Ex- Dynamos zurückzuführen.

Nach gerade mal einer geschlagenen Stunde Spielzeit stand der ungefährdete 3:0-Sieg (15:9/15:6/15:7) des CJD Berlin fest. Die hiesigen Aktivistinnen warten nun gespannt auf das Resultat der Begegnung in Münster, bevor sie sich vorzeitig an die Fleischtöpfe des Europacups heranmachen können. Jürgen Schulz