SPD immer schneller

Berlin (taz) — Alle reden übers Tempolimit, nur die SPD will schneller fahren (lassen). Gehörte Ende der achtziger Jahre die Forderung nach „Tempo 100“ zum Parteiprogramm und stritt man noch im vergangenen Jahr vehement für Tempo 120, so freunden sich kluge Genossen, wie der SPD-Verkehrsexperte im Bundestag, Klaus Daubertshäuser, inzwischen mit Tempo 130 an. Weshalb der Abgeordnete schneller fahren lassen will, vertraute er der 'FAZ‘ an: 130 wäre zumindest ein Anfang.

In Bonn lanciert die SPD-Zentrale derweil eine Kampagne: „Neue Beweglichkeit — Mensch und Umwelt gehen vor“. Die Verkehrspolitiker der altehrwürdigen Tante SPD zeigen, wie oben gesehen, in der Tat programmatische Beweglichkeit: Warum Mensch und Umwelt bei Tempo 130 allerdings vorgehen, wird ihr Geheimnis bleiben. Bei dieser pfötchensamten Fixierung des Status quo können sich die Sozis sogar noch hinter den breiten Rücken der Herren in den dunklen Richterroben verstecken. Verkehrsrichtertag, Bundesgerichtshof, alle streiten sie schon jetzt für Tempo 130. Ein politischer Blumentopf ist aber kaum zu gewinnen, wenn die Parlaments- Genossen den Gesetzesauslegern auf dem Fuße folgen, statt vorauszueilen. Vielleicht sollten die Sozis doch mal rechts ranfahren und bei Bert Brecht nachschlagen. Der warnte schon vor 50 Jahren vor Fortschrittsbestrebungen, die die Strebenden nur von der Menschheit fort bringen. ten