Diepgen fordert Ende der »ärgerlichen« Hauptstadtdebatte

Berlin/Bonn. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen hat mit Nachdruck gefordert, die »ärgerliche« Diskussion um eine Verschiebung des Umzugs von Parlament und Regierung nach Berlin endlich zu beenden. Es sei unverantwortlich und teilweise unseriös, dieses Thema bei jeder Gelegenheit wie jetzt im Vorfeld von Landtagswahlen wieder auf die Tagesordnung zu bringen, sagte Diepgen gestern im Berliner Rathaus. »Ich erwarte jetzt nicht mehr oder weniger, als daß in einer schwierigen Zeit die verantwortlichen Politiker zu ihrem Wort stehen und konsequent danach handeln, statt mit Kleinmut und Zaudern das notwendige Aufbauwerk zu gefährden.« Hintergrund der Äußerungen sind jüngste Verlautbarungen von Bonner Politikern, man solle den Umzug aus Kostengründen um einige Jahre verschieben.

Der Bundestagsbeschluß vom Juni 1991 dürfe keinesfalls aufgeweicht werden, betonte der Regierende Bürgermeister. Seine Umsetzung sei »das notwendige Infrastruktur- und Aufbauprogramm für die Region in und um Berlin«. Auch die Entscheidungen großer Investoren etwa am Potsdamer Platz und in der Friedrichstraße hingen von der Glaubwürdigkeit dieses Beschlusses ab. Dazu seien jetzt konkrete Realisierungsschritte wie städtebauliche Wettbewerbe, besonders der »erste Spatenstich« nötig.

Auf Bundesebene würden die Probleme des Nordostens Deutschlands mit dem Ballungsgebiet Berlin oft verkannt. Der Abbau von Bundeshilfe und Berlinförderung, die notwendigen Einsparungen von 20 Milliarden DM bis 1995 und der Personalabbau von mehreren 10.000 Stellen bedeuteten für Berlin höhere Opfer als für die alten Bundesländer. Mit 217.000 Arbeitslosen in Berlin, 200.000 in Brandenburg und weiteren 200.000 von Arbeitslosigkeit unmittelbar Bedrohten liege die Region mit an der Spitze der Negativentwicklung in Deutschland. Allein zwischen Januar 1991 und 1992 sei die Industriebeschäftigung im Ostteil Berlins um 34,5 Prozent gesunken. adn

Siehe auch Seiten 4 und 21