Rumänische Parteienlandschaft unbewegt

Entgegen anderslautenden Meinungsumfragen, kam es auf dem Parteitag der „Front zur Nationalen Rettung“ nicht zur Spaltung/ Petre Roman wurde mit 64Prozent der Stimmen als Parteichef bestätigt  ■ Aus Belgrad Roland Hofwiler

Trotz erbitterter Flügelkämpfe hat sich am Wochenende die übermächtige rumänische Regierungspartei, die „Front zur Nationalen Rettung“, nicht gespalten. Zwar rechnete laut Meinungsumfragen jeder zweite Rumäne damit, daß die Auseinandersetzungen zwischem dem ehemaligen Premierminister Petre Roman und seinem früheren politischen Ziehvater, Staatspräsident Ion Iliescu, eine Spaltung der „Front“ besiegeln würde. Auf dem Parteitag allerdings blieb alles beim alten, zumindest nach außen. Petre Roman wurde mit 64 Prozent der Stimmen als Parteichef bestätigt. Auch das neue „radikale Reformstatut der Partei“ trägt seine Handschrift. Demnach will sich die „Front“ von „kommunistischen Altlasten und deren Ideologie“ radikal verabschieden. Konnte man im Vorfeld des Parteikongresses im Bukarester Medienwald vernehmen, Roman beabsichtige im Stillen die Gründung einer sozialdemokratisch ausgerichteten Volkspartei, so sind die jetzt angekündigten Reformen hin zur Marktwirtschaft, verglichen mit den Programmen anderer osteuropäischer Regierungsparteien, nach wie vor mehr als zaghaft.

Auf einer Pressekonferenz am Montag wollte Roman bezeichnenderweise zu Detailfragen, z.B. wie Rumäniens Wirtschaft aus der Sackgasse geführt werden könnte, nicht Stellung nehmen. Er beschränkte sich auf Eigenlob: Der Parteitag habe gezeigt, daß sich die „Front“ von alleine erneuern und ihr keine Oppositionspartei das Wasser reichen könne. Zwar mußten Päsident Ion Iliescu und seine Anhänger eine empfindliche Niederlage hinnehmen, und es sei noch keineswegs sicher, ob die Gesamtpartei Iliescu bei der bevorstehenden Parlaments- und Präsidentenwahl im Juni erneut für das höchste Staatsamt ins Rennen schicken wird. Doch den Altkommunisten der „Front“ gelang es zumindest, als Fraktion in der Partei weiter bestehen zu können. Auch ihre nationalistische „Deklaration an die Nation“ wurde mehrheitlich, auch von Seiten der Parteireformer, verabschiedet. Demnach sieht sich die „Front“ als die bedeutendste politische Kraft „aller Rumänen“ zur „Wiedervereinigung der Nation“.

Damit ist vor allem die staatliche Angliederung der mehrheitlich von Rumänen bewohnten ehemals sowjetischen Republik Moldova gemeint. Selbst in der Frage, der Regierung Moldovas militärisch gegen die russischen Aufständischen in der Dnjestr-Region beizustehen, wenn diese dies wünsche, herrschte Einigkeit. Eine Entscheidung, die das wirtschaftlich niederliegende Rumänien in ein militärisches Abenteuer hineinschlittern lassen könnte, dessen Folgen noch nicht abzusehen sind.

Denn im oppositionellen Parteienspektrum Rumäniens ist man sich weder in der Moldova-Frage noch in anderen politischen Problemen einig. Hatte im Februar die „Front“ bei lokalen Gemeindewahlen gegen das Oppositionsbündnis „Demokratischer Konvent“ emfpindliche Machteinbußen erlitten, so ist nun mehr als fraglich, ob bei den anstehenden Parlamentswahlen die Opposition gegen die alleinregierende Front ähnliche Ergebnisse erzielen wird. Die seriöse Tageszeitung 'Romania libera‘ sinierte bereits in der vergangenen Woche darüber und sah für die Opposition nur dann eine Chance, die Macht zu übernehmen, „falls es zum offenen Bruch in der Front kommt und die Opposition weiterhin ihre Geschlossenheit bewahrt“.

Beides ist nicht der Fall. Roman und Iliescu haben trotz Feindschaft eingesehen, sie können die Einheit ihrer Partei nicht leichtfertig auf das Spiel setzen, während das oppositionelle Wahlbündnis von sechzehn Parteien vor unzähligen Zerreißproben steht. Derzeit kann sich die Opposition nicht einmal auf einen Gegenkandidaten für das Amt des Staatspräsidenten einigen. Gleich acht Parteien wollen ihren eigenen Kandidaten gegen den der „Front“ ins Rennen schicken. Egal ob dieser dann Roman oder Iliescu heißen wird, eine politische Chance wird keiner dieser Oppositionellen haben. Und so bestimmt nach wie vor die „Front zur Nationalen Rettung“ die Geschicke Rumäniens.