Exporteure fürchten Scheitern des Gatt

Deutscher Groß- und Einzelhandelsverband verlangt von Kohl härtere Gangart gegenüber Frankreich  ■ Aus Bonn Andreas Zumach

„Wohlfahrtsverluste“ in der Bundesrepublik Deutschland sowie eine „erhebliche Verteuerung“ zahlreicher Importgüter erwartet der Bundesverband des Deutschen Groß- und Einzelhandels e.V. (BAG) im Fall eines Scheiterns der Gatt-Verhandlungen. Vor der Presse in Bonn kritisierte BGA-Präsident Michael Fuchs gestern den mangelnden Einsatz der Bundesregierung für einen baldigen Abschluß der Verhandlungsrunde über die Liberalisierung des Welthandels. Fuchs forderte Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) zu einer erheblich entschiedeneren Haltung gegenüber Frankreich auf, das EG-intern die entscheidende Bremserrolle bei den Agrarfragen spielt. Bei einem Abbruch der Verhandlungen werde es zur Bildung von gegeneinander abgeschotteten Wirtschaftsblöcken sowie „zu einer Vielzahl von bilateralen Handels- und Selbstbeschränkungsvereinbarungen kommen, ähnlich der jüngsten zwischen Washington und Tokio über Autoeinfuhren“, erwartet der BAG. Fuchs verwies auf die jüngste Ankündigung der indonesischen Regierung, bei einem Scheitern des Gatt künftig bei 150 statt bislang 48 Medikamenten den internationalen Patentschutz nicht zu beachten und diese Medikamente von grauen Märkten zu beziehen. Ein solcher Schritt werde die Exporteinnahmen allein der bundesdeutschen Pharmaindustrie um jährlich rund 40 Millionen Mark senken. Der BAG rechnet mit einem Anstieg der Preise wichtiger importierter Verbrauchsgüter auf dem deutschen Markt um mindestens fünf Prozent.

Es sei „völlig absurd, wenn der Welthandel zerbricht aufgrund unsinniger Forderungen der Agrarlobby und des politischen Starrsinns der Franzosen“, betonte Fuchs. Das Tempo der Gatt-Verhandlungen dürfe „nicht länger von den EG- Agrarministertreffen bestimmt werden“. Wenn hierzu die Einberufung eines EG-Regierungsgipfels notwendig sei, dürfe das „nicht am Widerstand der Franzosen scheitern“. Notfalls müsse „Frankreich überstimmt werden“. Um den Abschluß eines Gatt-Abkommens und damit die Sicherstellung gewisser Rahmenbedingungen für den Welthandel sicherzustellen, zeigte sich der BAG-Präsident sogar bereit, die jüngste, verhärtete Position Washingtons im Dienstleistungsbereich zu akzeptieren.