Anklagen im IRA-Prozeß unhaltbar

Das Düsseldorfer Oberlandesgericht hebt Haftbefehl auch gegen zweiten Angeklagten auf  ■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs

123 Verhandlungstage im schwerbewaffneten Sondergerichtsgebäude des Düsseldorfer Oberlandesgerichts liegen inzwischen hinter den beiden irischen Angeklagten Terence Gerad McGeough und Gerad Thomas Hanratty. Zwei Sprengstoffattentate auf britische Kasernen in Mönchengladbach und Duisburg, vielfacher Mordversuch und Verursachung eines Millionenschadens waren die zentralen Anklagepunkte, als der Prozeß am 16. August 1990 begann. Von den schweren Beschuldigungen ist nichts mehr übriggeblieben.

Das geht aus einem Beschluß des Senats vom Freitag hervor, mit dem der Haftbefehl gegen den 33jährigen McGeough aufgehoben wurde. Der dringende Verdacht gegen McGeough, an dem Sprengstoffanschlag auf eine Offiziersmesse der britischen Rheinarmee am 23. März 1987 beteiligt gewesen zu sein, sei „nach vorläufiger Bewertung“ der Beweisaufnahme „nicht mehr gegeben“, heißt es in dem Beschluß. Die Richter sind der Auffassung, daß die Aussagen der von der Bundesanwaltschaft benannten Zeugen „weder einzeln noch in der Gesamtschau betrachtet, McGeough als den Käufer“ jenes Volvos überführen, der in Mönchengladbach als Bombenträger eingesetzt worden war.

Auch die von der Polizei durchgeführten Gegenüberstellungen werden vom Gericht nicht als beweiskräftig gewürdigt. Von der ursprünglichen Anklage bleiben lediglich ein Verstoß gegen das Waffengesetz und der Vorwurf der Urkundenfälschung übrig. Dafür sei aber „keine Freiheitsstrafe zu erwarten, die die Dauer der bisher erlittenen Untersuchungshaft übersteigt“.

Den zweiten gravierenden Anklagepunkt, den Bombenanschlag auf die Mannschaftsunterkunft der britischen Rheinarmee im Juli 1988 in Duisburg, hatte der Düsseldorfer Senat schon am 31. Juli 1991 zurückgewiesen. Seinerzeit war der Haftbefehl gegen Hanratty aufgehoben worden. Eine Beschwerde des Generalbundesanwaltes gegen diesen Beschluß hatte der Bundesgerichtshof zurückgewiesen.

Die beiden Iren waren den bundesdeutschen Sicherheitsbehörden beim illegalen Überqueren der deutsch-niederländischen Grenze im August 1988 in die Hände gefallen. Im Fonds ihres Wagens fand man seinerzeit unter anderem ein Sturmgewehr, das bei dem Anschlag in Duisburg benutzt worden war. Diesen Fund wertete die Bundesanwaltschaft als Beweis für die Täterschaft der beiden Festgenommen, die die Ermittler einer „kämpfenden Einheit“, einer sogenannten „Active Service Unit“ (ASU), der IRA zurechneten. Diese IRA-Einheiten, so behauptete die Bundesanwaltschaft noch in ihrer Anklage, setzten „stets dieselben Waffen ein“. Deshalb seien die Besitzer der Waffen auch die Täter. Britische IRA-Experten, vom 6. Senat nach Düsseldorf geladen, bestätigten diese Version der Karlsruher Ankläger allerdings nicht.

Auf freiem Fuß sind die beiden Angeklagten trotz der Senatsbeschlüsse indes nicht. Jetzt sitzen sie in Auslieferungshaft. Gegen Hanratty liegt ein Auslieferungsbegehren der britischen Regierung vor. Nach McGeough fahnden amerikanische Behörden. Hanratty werfen die Briten illegalen Waffenbesitz vor, und McGeough soll in den USA versucht haben, illegal Waffen zu kaufen. Gegen beide Auslieferungsanträge hat die Verteidigung bisher erfolglos geklagt.