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: Siegels staubsaugerhafter Wind

■ "Ein Lied für Malmö", Montag um 20.15Uhr in der ARD

Und das soll die Wiedergeburt des deutschen Schlagers gewesen sein?“, haspelte ein Kritiker vor der Glotze — und wurde einmal mehr bestätigt: Aus deutschen Landen alt auf die Showbühne. Sieben von elf Rundfunkhäusern der ARD votierten für die Gruppe „Wind“. Sie darf am 9.Mai international beim Grand Prix d'Eurovision de la Chanson in Malmö verkünden: „Träume sind für alle da“. Die Nummer, von der sich die Juroren überzeugen ließen, war nach Art des Hauses Siegel/Meinunger („Ein bißchen Frieden“ et al) gestrickt: ein wenig Schmerz ob der Unbill dieser Welt („Zug der Freiheit“, „Mann ohne Arbeit“), viel, sehr viel Optimismus („Freiheit ist für alle da“, eben) und aufgemischt durch eine Musik, die den Titel des Liedes auf der Stelle dementierte: Sound, noch mehr Sound, so sehr Sound, daß sich selbst ein Industriestaubsauger dagegen wie ein dezenter Haushaltsgegenstand ausnimmt: Notenbombast. Komponist Ralph Siegel war's zum wiederholten Mal zufrieden: „Mein Herr Papa wird sich im Himmel gefreut haben.“

Die Kritiker rümpften längst ihre Nasen, da zeigten sich die Verantwortlichen vom MDR begeistert über ihren Unterhaltungseinstand in der ARD: eine Spitzeneinschaltquote soll's gewesen sein, sogar ohne das Programmversprechen, die Riesen der Schlagerbranche (Westernhagen, Grönemeyer, Rosenberg) zu präsentieren. Ein Neuanfang sollte probiert werden, ohne Hape Kerkeling und seine entschuldigenden Späßchen. Dafür kamen die etwas lehrerinnenhafte frühere DDR-Ansagerin Carmen Nebel, viel Trockennebel und Lichtspiele (sollte bedeuten: Glamour). Vom Niveau her war es zweifellos eine Steigerung. Alle Manpower der Branche sei aufgeboten worden — hieß es —, um die Lieder so „modern“ wie möglich zu stylen. Hätte man die Dresdner Gruppe „Blaue Engel“ gewinnen lassen, die am Ende vor der schwer enttäuschten Lena Valaitis den zweiten Platz belegten, wäre in Malmö ein Lied präsentiert worden, das entfernt daran erinnert hätte, wie leicht und unbeschwert deutsche Popmusik sein kann. Arne Fohlin