Ticker zu Pflugscharen

■ Der weltweit erste Komposter für Agentur- meldungen steht in der taz-Medienredaktion

Berlin (taz) — Viele Leserinnen und Leser werden sich seit langem gewundert haben, warum steinalte Ticker-Meldungen der Nachrichtenagenturen auf dieser Seite immer taufrisch wirken. Deshalb haben wir uns entschlossen, heute endlich das Geheimnis zu lüften, das wirklich hinter Flimmern und Rauschen steckt. Denn wir haben erfunden, wovon unsere KollegInnen nur zu träumen wagen: Die erste Kompostieranlage für Agenturmeldungen der Welt steht bei uns im 4.Stock, links in der Ecke (s.Foto). Unsere VorgängerInnen hatten bloß ein Medienklo — wir haben einen blühenden Garten daraus gemacht.

Schon nach den ersten Monaten des schonungslosen Selbstversuchs kann eine erste positive Bilanz gezogen werden, die auch vom Berliner Umweltsenator Volker Hassemer (CDU) glaubhaft gelobt wurde (s.Faksimile). Besonders Eilmeldungen, blumige Features und PR-Arbeiten ohne Substanz werden von der Anlage in wenigen Tagen zu wertvollem Kompost substralisiert. Selbst schwerverdauliche medienpolitische Informationen, Gegendartellungen, Textangebote, Preziosen der Schwarzweiß-Fotografie sind kein Problem für den neuartigen Ticker-Komposter.

Unsere redaktionseigene Blumenbank hat davon erheblich profitiert. So ziert ein besonders schönes Exemplar aus dem Antennenwald (Bonsai Bahrmannsis) seitdem das Fensterbrett der Medienredakteurin. Die gesamte Grünanlage, beispielsweise der Anzeigen-Abteilung, wirkt dank unserem Pilotprojekt erfrischend wie ein Stück Regenwald. Total begeistert ist das Team aus der taz-Kantine: Noch nie waren ihre Küchenkräuter so gehaltvoll wie heute. Übrigens können sich interessierte NachahmerInnen gern an die Chefredaktion wenden, die uns schon vor langer Zeit grünes Licht für das Komposter-Experiment gab: Schließlich sei die Ökologie das Thema der siebziger, achtziger und neunziger Jahre.

P.S.1: Auch die Rundfunkanstalten, von denen wir viel Post erhalten, haben den Komposter als „Manifestation gegen den Verpackungswahnsinn“ begrüßt — aus eigenem Interesse. Schließlich könnten wir, wenn wir wollten — laut neuer Müllgesetze — die Verpackungen, d.h. leeren Briefumschläge eiskalt und portofrei an die Absender zurückschicken.

P.S.2: Die Hamburger BürgerInnen-Ini „Rote Flora“ übermittelte ebenfalls solidarische Grüße nach Berlin und kündigte an, ein garantiert kommerzfreies Musical über unseren Komposter zu schreiben. Titel: Little Drop Of Dünger. Darauf nehmen wir glatt einen Mund voll Blumenerde! saja/kotte