Kanzler läßt absperren

■ Berliner und Bonner Politiker gegen Sperrung der Spreeuferwege am geplanten Kanzleramt in Berlin

Berlin (taz) — Die Uferwanderwege im Berliner Spreebogen sollen für die Öffentlichkeit gesperrt werden, weil dort das Kanzleramt geplant ist. So steht es in den Ausschreibungsunterlagen zum städtebaulichen Wettbewerb für das Parlamentsviertel, die der Berliner Senat zustimmend zur Kenntnis genommen hat. Außerdem soll es um das Kanzleramt eine 50 Meter breite Sicherheitszone geben. Daß Bonn solche Wünsche hat, war schon letzte Woche bekanntgeworden. Neu ist jedoch, daß der Senat dies im vorauseilenden Gehorsam offiziell in den Wettbewerb aufnimmt.

Politiker aus Bonn und Berlin sprachen sich auf einer Podiumsdiskussion am Montag abend im Berliner Reichstag gegen diese Sperrung aus. Berlin dürfe nicht akzeptieren, daß der Kanzler die Bürger ausschließe, sagte Berlins Bausenator Wolfgang Nagel (SPD). Womöglich würden als nächstes die alten DDR-Schilder aufgestellt, die nur „Sonderverkehre“ zuließen. Im Senat gebe es über diese Frage einen Konflikt, so Nagel. Für den SPD-Bundestagsabgeordneten Peter Conradi ist eine solche Sperrung mitten in der Stadt „indiskutabel“. „In Bonn sind die Wanderwege am Rhein auch nicht gesperrt“, sagte Conradi. Man müsse fragen, ob nicht demnächst der Bundespräsident die Bürgersteige Unter den Linden sperren lassen wolle. Im dortigen Kronprinzenpalais will der Präsident seinen Amtssitz nehmen.

Die Präsidentin der Bundesbaudirektion, Barbara Jacubeit, vermutete, daß sich der Bonner Sicherheitsapparat selbständig gemacht habe. Der CDU-Abgeordnete Dietmar Kansy hält die Sicherheitsdiskussion generell für „überzogen“.

Otto Pöppelmeier, Referent des Berliner Stadtentwicklungssenators Volker Hassemer (CDU), aus dessen Haus die Wettbewerbsunterlagen stammen, sagte auf Anfrage, sein Senator sei ebenfalls dagegen, daß die Spreeuferwege gesperrt würden. Man habe dies zwar in den Ausschreibungsunterlagen aufgenommen, dies sei jedoch eine Bonner Forderung. Der Senator hoffe, daß die Konzeptkommission des Bundestages bei ihrer Sitzung am morgigen Donnerstag die Sperrung zurücknehme. esch