Roski und Ambrosia

■ Bücherfrühling '92 mit konspirativer Lesung, Columbus und Bremer Anekdoten

Einsfünfzig mal einsachtzig ist es groß, ab kommenden Donnerstag wird es vor dem Rathaus stehen und die Massen in die Untere Rathaushalle locken: das Buch. Das riesige Modell sagt uns: Es ist Frühling, und da schlagen in Bremen auch die Bücher aus und und treiben ihre eigene kleine Messe, den „Bremer Bücherfrühling 92“. Vier Tage lang zeigen Bremer Verlage und Buchhandlungen, was sie haben, und spicken die Schau mit einem umfangreichen Begleitprogramm.

Wurde letztes Jahr noch der gemeinsame „Norddeutsche Bücherfrühling“ vom Börsenverein des deutschen Buchhandels ausgerufen, ist Bremen dieses Jahr wieder ausgeschert: Offiziell werden Termingründe genannt, doch Mitveranstalter Tilmann Sieglin ließ am Donnerstag der Presse gegenüber durchblicken, daß er über den Bremer Alleingang nicht unglücklich ist. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Bücherfrühling ohnehin erheblich gestrafft worden: Fast alle Veranstaltungen finden zwischen Donnerstag und Sonntag im Rathaus statt. Kein naßkaltes Zelt mehr, kein Programm für Bremen Nord oder Bremerhaven.

Thematisch bewegt sich der Bücherfrühling '92 im weiten Raum zwischen Bremen und Amerika (wg. Columbus, natürlich). Diavorträge, Lesungen und Musik beschäftigen sich im weitesten Sinne mit Kolonialismus, aber kleiner kann man's auch haben: Bremer Anekdoten, Grasberger Folk-Musik, Kabarett mit Ulrich Roski und eine Demonstration des legendären Schiffs- Modellbau-Clubs Bremen. Am (im? ) Neptun-Brunnen.

40.000 bis 50.000 Mark können ausgegeben werden, sie kommen vom Landesverband der Verleger und Buchhändler, von der „Stiftung Lesen“, dem Wirtschafts- und dem Kulturressort. Damit es auch der letzte Depp merkt, daß Bremen buchmäßig von Gewicht ist, wurde die Bremer Bücherkiste erfunden, eine italienische Designerschachtel, die 50 Bücher Bremer Verlage enthält. Sie wird während des Bücherfrühlings bei den Stadtmusikanten stehen und auf Dauer in 35 Bremer Buchhandlungen. Übrigens kann man gewinnen: bewahre, nicht die ganze Kiste, aber einzelne Bücher daraus.

Nicht zu umgehen: „Eine konspirative Lesung“ mit den Krimischriftstellern Detlev Wolff und Jürgen Breest. Ein Höhepunkt: „Höhepunkte der deutschen Passagierschiffahrt“, Diaabend mit dem Direktor des Schiffahrtsmuseums. Bewegend: ein „literarischer Spaziergang durch Bremen“ zu lebenden und toten großen Bremer AutorInnen bzw. deren Wohnungen. Umfassend: Die „Geschichte der Kartographie“ des Radio Bremen-Journalisten Gerald Sammet. Und der Chef der Buchbinderinnung demonstriert die Buchrückenprägung.

Doch was ist mit „Ambrosia“, dem Esoterika-Verlag mit der notorischen Lesben-Paranoia, der jüngst im Zusammenhang mit merkwürdigen Vermieterpraktiken ins Gerede kam? „Wir sind kreuzunglücklich und hoffen, daß der kleine Stand still und friedlich mit durchläuft,“ meinte Sieglin. Es sei aus rechtlichen Gründen nicht machbar, „Ambrosia“ vom Bücherfrühling auszuschließen. Bus

Die Termine und Veranstaltungsorte entnehmen Sie bitte jeweils dem Terminkasten „Bremen heute“.