Schweinefleisch: Ohne Saft und Kraft

■ Hartes Urteil über das Fleisch gestreßter Schweine: Koteletts sind blaß, wässrig und geschmacklos

Berlin. Die Fleischqualität aus deutschen Landen läßt zu wünschen übrig: Von 84 Schweinefleisch-Koteletts, die in der gesamten Bundesrepublik eingekauft wurden, kann das 'Öko-Test'-Magazin in seiner neuesten Ausgabe nur zwölf empfehlen. Die übrigen verlieren zuviel Wasser, sind zu blaß oder haben zu wenig Fett, das das Fleisch erst aromatisch macht. PSE-Fleisch gibt es auch bei Schweinen aus kontrolliert biologischer Haltung. PSE steht für pale, soft and exudative — blasses, weiches und wässriges Fleisch, das in der Pfanne schrumpft.

Nach den fetten Wirtschaftswunderjahren entdeckten die Verbraucher ihre Vorliebe für magere Koteletts und Filets. Die mageren, muskelbepackten, langestreckte Fleischberge sind jedoch überaus streßempfindlich. Je nervöser die Tiere, desto größer ist der Anteil an PSE- Fleisch.

Das Leben eines hochgezüchteten Schweins ist trostlos: 800 Gramm müssen die Schweine täglich zunehmen. Damit sie diese Rate schaffen, bekommen sie eine Kraftfuttermischung, die neben Weizen-, Gersten-, Mais- und Sojaschrot, Vitaminzusätze, Tiermehle und Antibiotika enthalten darf. Das pulvrige Futter brauchen die Schweine nur zu schlucken. Es ist fast die einzige Abwechslung, die sie in ihrem Leben haben. Die meisten Mastschweine verbringen ihr ganzes Leben eingepfercht in engen Buchten. Sie bekommen kein Stroh, sondern leben auf Spaltenböden.

Auch bei Höfen der Bio-Verbände haben längst nicht alle Schweine Auslauf im Freien. Die Richtlinien schreiben das nicht zwingend vor. Die Haltung auf Spaltenböden ist zwar verboten, doch gewähren Demeter und Bioland Übergangsregelungen von fünf Jahren. Viele Biobauern mästen zudem streßempfindliche, magere Rassen.

1988 wurde vom Tierschutzbund, dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland und anderen Initiativen der Neuland Verband gegründet. Mit seinen Anforderungen zur Tierhaltung hat er die etablierten Bio-Verbände überholt. So ist die Haltung auf Rosten ohne jede Übergangsregelung verboten, besonders empfindliche Tiere dürfen nicht gemästet werden.

Gegen den sparsamen Genuß von Schweinefleisch ist im Rahmen einer Vollwerternährung nichts einzuwenden. Es ist aber sinnvoll, Fleisch von Neuland oder aus kontrolliert ökologischer Aufzucht zu kaufen, da die Schweine besser gehalten werden als konventionell gemästete Tiere.

'Öko-Test‘ empfiehlt Fleisch von fettreicheren Schweinesorten. Diese Tiere sind in der Regel robuster und weniger streßempfindlich. Das Fleisch dieser Tiere ist tiefrot, von Muskeladern marmoriert und hat einen dickeren Fettrand. Dorothee Meyer-Kahrweg