Springer fürchtet Überspringen

■ Sozialplan beim 'Spandauer Volksblatt‘ nach Intervention des beteiligten Axel-Springer-Verlags gescheitert/ »Modellcharakter« für das eigene Haus befürchtet/ 48 Mitarbeiter werden entlassen

Spandau. Sozialplan vorerst gescheitert: Der Betriebsrat des 'Spandauer Volksblatts‘, bei dem 48 MitarbeiterInnen entlassen werden sollen, hat die Verhandlungen mit der Geschäftsleitung des E. Lezinsky Verlag und Buchdruckerei GmbH unterbrochen. Der Betriebsrat ruft die Einigungsstelle an. Grund für das Scheitern des unterschriftsreifen Sozialplans, der bereits in der achten Runde verhandelt wurde, sind plötzliche Interventionen des Axel-Springer-Verlags. Springer besitzt eine Minderheitsbeteiligung von 24,9 Prozent an dem »Familienunternehmen« Lezinsky. »Ein brauchbarer Kompromiß ist ausgehebelt worden«, teilte der 'Volksblatt‘-Betriebsrat mit.

Springer wolle verhindern, so der Betriebsrat weiter, daß der nun ausgehandelte Sozialplan »Modellcharakter« für Rationalisierungsschutzpläne des eigenen Hauses bekomme. Der bespielhafte Sozialplan sei dem Großverlag zu teuer, deshalb sei versucht worden, die Summe von etwa 1,3 Millionen durch die breite Einführung von »Kappungsgrenzen« zu »drücken«. Der Axel-Springer-Verlag hatte zu Wochenbeginn angekündigt, bundesweit 1.400 MitarbeiterInnen entlassen zu wollen. Davon sollen etwa 260 Arbeitsplätze in Berlin abgebaut werden.

Der 'Volksblatt‘-Betriebsrat äußerte sich verwundert über das späte Eingreifen des Springer-Personal- Mannes Peter Blachnik, der auch die Springer-Zeitung 'Der Morgen‘ mit abgewickelt hatte. »Der Betriebsrat hatte in den vorangegangenen Verhandlungen mehrfach verlangt, den Minderheitengesellschafter hinzuzuziehen.« Außerdem habe man erwartet, daß Springer Arbeitsplätze für gekündigte 'Volksblatt‘-Leute zur Verfügung stelle. Dies sei mit dem Argument der »Eigenständigkeit« des Lezinsky-Verlages abgewiesen worden. Nun scheine das Argument der »Eigenständigkeit« ausgedient zu haben. Die Absicht des Großverlags sei augenscheinlich, »einen Keil zwischen den Springer- Betriebsrat und den 'Volksblatt‘- Betriebsrat zu treiben«.

Auch die IG Medien äußerte sich gestern: »Der Erich Lezinsky Verlag und Buchdruckerei GmbH ist entgegen eigenen Beteuerungen inzwischen eine Außenstelle des Hauses Springer Berlin.« Vor dem Hintergrund des Springer-Vetos müsse gefragt werden, was die Worte eines Verlegers noch wert seien.

Peter Blachnik vom Springer- Verlag lag gestern viel daran, zu betonen, daß sein Haus nicht für das Scheitern der Verhandlungen verantwortlich sei. Die Forderungen des 'Volksblatt'-Betriebsrats bezeichnete er als »verständlich«, aber »exorbitant«. Laut Blachnik hat Springer »Bereitschaft gezeigt, in moderatem Rahmen über das hinauszugehen, was aus dem Springer-Sozialplan herausgekommen wäre«. kotte