QUERSPALTE
: Anarchie ist machbar

■ Die Tunnelplanung ist ein Stück aus dem Tollhaus

Woran liegt es? Ist es das Ergebnis des langen Marsches der APO durch die Institutionen? Hat sich vielleicht ein Anhänger Bakunins auf Staatssekretärsebene durchgesetzt? Sind es schon die ersten Auswirkungen dessen, was die Gesamtschulgeneration zu leisten vermag, oder gar die generelle Überforderung der für unsere hochgradig technisierte, arbeitsteilige Gesellschaft zu einfach strukturierten Zellkultur, »Mensch« genannt? Wollen wir einfach nicht erwachsen werden? Oder liegt es daran, daß die freie Wirtschaft die besten Leute abwirbt?

Wie dem auch sei, das Ergebnis ist ein Stück aus dem Tollhaus: Erst verkauft der Senat der Firma Sony ein Grundstück, plant aber kurz darauf nahebei einen Tunnel, dessen Mündung plötzlich — weil man sie nirgends anders will — auf dem Sony-Grundstück abtauchen muß, wobei — nicht zu vergessen — die Finanzierung des Tunnels alles andere als geklärt ist. Offenbar hat niemand alle Pläne im zentralen Bereich einmal übereinandergelegt, um festzustellen, was eigentlich möglich ist. Jedes Industrieunternehmen, das so arbeiten würde, wäre längst pleite.

Wie schafft man Abhilfe? Soll man zwecks des Überblicks eine zentrale Behörde einrichten, die man »Senatsverwaltung für Stadtentwicklung« oder so ähnlich nennen könnte? Soll man die schwierigeren Probleme an das Bundesbauministerium delegieren? Soll man die politischen Fachausschüsse abschaffen und die gesamte Planung an ein freies Ingenieurbüro übertragen? Oder will man lieber einen gütigen Monarchen, der darüber hinaus das nötige Kleingeld im Hintergrund hat?

Nein, machen wir doch lieber weiter wie bisher, denn nur mit dieser Koalition gibt es den ökologischen Stadtumbau: Kein Tunnel wird durch den Tiergarten gegraben, keine grundwasserfressenden Großprojekte gebaut und keine Dienstleistungsmonster, deren hochbezahlte Angestellte die Kiezbewohner verdrängen. So bleibt Berlin doch Berlin. Eva Schweitzer