Rio-Gipfel „Teil des Problems“?

Umweltorganisationen fordern schnellen Kurswechsel/ Zehn-Punkte-Plan vorgestellt/ Weltbank soll nicht Ökogelder verwalten dürfen/ USA hauptverantwortlich für mögliches Scheitern des Erdgipfels  ■ Von H.-J. Tenhagen

Berlin (taz) — Vor einem „Fehlschlag von historischem Ausmaß“ auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung (UNCED) im Juni in Rio haben internationale Umweltverbände gewarnt. Der Erdgipfel werde nach dem derzeitigen Stand der Verhandlungen nichts zur Rettung des Globus vor der ökologischen Katastrophe beitragen, sondern die Situation eher noch verschärfen.

In einer Erklärung von Greenpeace International, Friends of the Earth und einem Dritt-Welt-Netzwerk von 1.200 Gruppen werden kurz vor Abschluß des letzten Gipfel- Vorbereitungstreffens in New York insbesondere die US-Regierung für ein mögliches Scheitern des Gipfels verantwortlich gemacht. Die Umweltverbände — auch der deutsche Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) unterstützt die Erklärung — haben einen Zehn-Punkte-Plan aufgestellt, dessen Realisierung verhindern soll, daß der 400 Millionen Dollar teure Rio-Gipfel „Teil des Problems, und nicht der Lösung“ werde.

In der sogenannten Klimaschutzkonvention müßten die Staaten rechtlich bindende Ziele und Zeiträume für eine deutliche Verringerung der Treibhausgase vereinbaren. Die USA sind bislang nicht einmal bereit, sich auf eine Stabilisierung der treibhausheizenden Kohlendioxidemissionen festlegen zu lassen. Der Norden müsse außerdem den Konsum einschränken und sofort an die Umsetzung von Technologien für eine ökologisch dauerhafte Entwicklung gehen.

Die UNCED-Konferenz muß nach Auffassung der Verbände neue und zusätzliche Geldmittel für die globalen ökologischen Probleme bereitstellen. Eine Verwaltung dieser Gelder durch die Weltbank, wie dies westliche Regierungen in den vergangenen Wochen gefordert hatten, lehnen die Umweltschützer aber ab. Die „verheerende Bilanz der Weltbank bei der Förderung von Umweltzerstörung und Armut in der Dritten Welt“ mache die Bank zum denkbar schlechtesten Manager solcher globalen Programme.

Die Ökologen erteilten generell der Freihandels-Philosophie westlicher Regierungen eine herbe Absage. Die Regelung der Welthandels müsse sich nach sozialen, politischen und ökologischen Kriterien richten, und nicht die ökologischen Maßstäbe nach den Möglichkeiten des Handels. Die Rohstoffpreise des Südens müßten angehoben und die Schuldenlasten deutlich verringert werden. Andernfalls habe die Dritte Welt nicht den notwendigen wirtschaftlichen Spielraum für eine umweltverträgliche und soziale Entwicklung.

Im gleichen Atemzug fordern die Verbände auch, daß multinationale Konzerne kontrolliert, die Sicherheit der Gentechnik international gewährleistet und der Export von Giftmüll verboten werden. Ferner wird kritisch angemerkt, daß die Themen Atomteststopps und Ausstieg aus der Atomkraft unzulässigerweise von der Tagesordnung der UNCED- Konferenz verschwunden seien. Ohne einen dramatischen Kurswechsel sei das Scheitern der Veranstaltung in Rio jetzt schon vorprogrammiert.