Töpfer läßt Schacht Konrad erörtern

Bundesumweltminister schickte fünfte Anweisung ins niedersächsische Umweltministerium wegen „unerträglicher Verzögerungen“/ Niedersachsen: Anweisung Grundstein für Verfahrensfehler  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Klaus Töpfer hat das Tauziehen mit dem niedersächsischen Umweltministerium um das geplante Atommüllendlager im Schacht Konrad satt. Der Bundesumweltminister schickte gestern seine mehrfach angedrohte „bundesaufsichtliche Weisung“ nach Hannover, die den Erörterungstermin im Schacht-Konrad- Planfeststellungsverfahren festlegt. Spätestens ab dem 28. September will Töpfer die 250.000 Einwendungen gegen das Projekt öffentlich erörtert sehen. Das Umweltministerium in Hannover hatte bis zuletzt auf einer Erörterung der Einwendungen ab Anfang November bestanden und dies mit der überraschend hohen Zahl der Einsprüche gegen das Endlager und mit mehreren noch ausstehenden Gutachten begründet. „Herr Töpfer lehnt offensichtlich eine ordnungsgemäße und gründliche Auseinandersetzung mit den Einwendungen ab“, kommentierte gestern der niedersächsische Umweltstaatssekretär diese fünfte bundesaufsichtliche Weisung, die innerhalb eines Jahres ihren Weg aus dem Hause Töpfer nach Hannover gefunden hat. Der Bundesumweltminister betrachte den Erörterungstermin offenbar als letzte Hürde vor der Inbetriebnahme des Endlagers, die es aus dem Weg zu räumen gelte.

Der Bundesumwelt- und Atomminister warf der niedersächsischen Umweltministerin Monika Griefahn anläßlich der Weisung vor, das Schacht-Konrad-Verfahren bislang in unerträglicher Weise verzögert zu haben. Vor einem Jahr habe die Ministerin noch von einem Erörterungstermin im Januar 1992 gesprochen. Das niedersächsische Umweltministerium hielt dagegen, man sei bei den Terminplanungen ursprünglich von etwa 30.000 und nicht den tatsächlichen 250.000 Einwendungen ausgegangen. Das niedersächsische Umweltministerium hatte in der letzten Zeit den Bundesumweltminister mehrfach vor einer voreiligen Festlegung des Erörterungstermins gewarnt, weil er selbst damit den Grundstein für Verfahrensfehler legen könne. Daß die beiden Termine nun nur vier Wochen auseinanderliegen, ist auf juristische Probleme bei einem schlecht vorbereiteten Erörterungstermin zurückzuführen.

Der Bundesumweltminister kommt im übrigen auch mit dem zweiten Atommüllendlager, das in Niedersachsen entstehen soll, nicht weiter voran. Im Schacht des Gorlebener Endlagerbergwerks werden immer noch Laugenzuflüsse registriert. Die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern (DBE), die nunmehr seit zwei Jahren vergeblich die wasserführenden Risse um den Schacht abzudichten versucht, will daher nun ihre Abdichtungsarbeiten ein weiteres Mal, diesmal bis Mitte Mai, verlängern. Damit ist der Schacht I nun schon seit den größeren Laugenzuflüssen im Dezember nicht weiter nach unten abgetäuft worden.