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Das Kreuz mit der Intelligenz

■ Ab 130 wird's gefährlich: „Mensa“ gegen die Isolation der IQ-Akrobaten

Saust Ihr IQ auch gerade durch den letzten Abschnitt der Intelligenzkurve der Nation? Konnten Sie auch schon im Alter von drei Jahren Traktate lesen und ein lupenreines Französisch sprechen, während Ihre Altersgenossen lieber Bücher traktierten und dabei noch alle Sprachen durcheinadermischten? Haben Sie sich auch kontaktscheu bis neurotisch entwickelt, weil Sie als Primus den Neid Ihrer Klassenkollegen fürchten mußten?

Harren Sie aus, die Hilfe ist nah. Denn an diesem Wochenende tagt der „Mensa-Club“ in Bremen mit seiner alljährlichen Jahreshauptversammlung. Wenn Ihre Intelligenz Sie einsam gemacht hat: Hier finden Sie Aufnahme unter Ihresgleichen. Einzige Voraussetzung: Sie müssen einen Intelligenzquotienten haben, der größer als 130 ist. Damit lägen Sie 30 Punkte über dem Durchschnitts-I-Quotienten der Deutschen. Aber wem sag' ich das?

„Wir wollen intelligenten Leuten ein Refugium bieten“, erklärt Mensa-Vorstandsvorsitzende Margot Schmied das Vereinsziel. Denn den Superintelligenten macht ihr Hobby im Kontakt mit anderen Superintelligenten besonders viel Spaß. Etwa so, wie gute Sänger lieber im Chor mit guten Sängern singen, erklärt Mensa-Sprecher Olaf Brill. Und Ida Fleiß, im Hauptberuf Psychiaterin bei der Lufthansa und Ansprechpartnerin für die Vereinsmitglieder in Fragen des mentalen Befindens, erklärte: „Man wird so geboren und versäumt einfach einen Teil der Entwicklung.“ Mensa (das lateinische Wort für Tisch) soll die Vereinzelung aufbrechen.

Und was machen die Intelligenten untereinander? Ein Kriminalfall muß gelöst werden, der die Mensa-Detektive quer durch Bremen führt, Schach wird gespielt, bis Bretter und Köpfe rauchen, alles simultan, versteht sich, Jonglier-Workshop, „Eisbrecher- Party“, auf der das menschliche Eis gebrochen werden soll, und Vorträge, natürlich: Intelligente Menschen hören gerne Vorträge. Auf einem Basar gibt's Krawatten mit Vereinsemblem und Clubabzeichen, und in einer Interessengruppe mit dem geheimnisvollen Namen „GrauSig“ treffen sich Mensa-Mitglieder, die mindestens ein graues Haar und keine Computer haben.

Etwa 200 Superintelligente sind am Wochenende in Bremen, bundesweit hat „Mensa“ etwa 1.300 Mitglieder, weltweit etwa 100.000. Etwa 35 Prozent davon sind weiblich, die intelligenteste wurde im November-Heft ‘85 des Playboy ausführlich vorgestellt, um den schlauesten Mann kümmerte sich bereits Playgirl.

Und wenn Sie Mitglied werden wollen, müssen Sie am Sonntag morgen (10.00 Uhr) ins Scandic- Crown-Hotel gehen. Als Abschluß des bundesweiten Treffens werden BewerberInnen getestet, drei Stunden lang, in drei verschiedenen Tests. mad

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