: 1. April: Geschickt plazierte Scherzartikel
■ Betr.: taz Bremen vom 1. April, S. 22
Mit nicht nur gelindem Schmunzeln habe ich Eure Ausgabe zum 1. April goutiert. Die darin dermaßen geschickt plazierten Scherzartikel dürften so mancheN LeserIn in basses Erstaunen versetzt haben, so daß am Ende gar nicht mehr ersichtlich war, was nun ernst gemeint ist und was nicht — so soll es schließlich auch sein!
Daß unsere neue Kultursenatorin ebenfalls der Tradition des Aprilscherzes aufs Engste verbunden ist, hat uns so manche Sorge um die kulturelle Zukunft Bremens vom Herzen genommen. Ein „Notgroschen für freie Kulturgruppen“ weist angesichts wiedervereinigungsbedingter Notwendigkeiten doch schon mal den richtigen Weg; als nächsten Schritt sollte Helga Trüpel nun unbedingt eine speziell für die notleidende Kulturszene konzipierte Briefmarke mit dem Aufdruck „Notopfer Kultur“ initiieren. Mit dem daraus zu erwartenden Erlös kann dann sicher noch das eine oder andere innovative Projekt realisiert oder gar das eine oder andere Kulturzentrum /-laden, der nun die Weser runtergeht, wieder hochgebaggert werden. Wenn der Baggerführer dann statt Willibald Gerd heißt, stimmt DaCaPo mit Sicherheit noch eine atonale Ode für 173 ABM-lose Stimmen an.
Ganz persönlich frage ich mich, zu den fünf Auserwählten zu gehören, die ab sofort dem Schlachthof ein Überleben ermöglichen.
Bleibt nur ein klitzekleiner Rest von Verunsicherung: wem muß ich nun meinen Dankbesuch abstatten? Ist es Helga Trüpel, die Retterin der „breiten“ Kultur? Oder der aus dem Schwabenland zu uns niedergekommene Staatsrat? Oder letztlich doch der Arbeitssenator, wie ich bisher annahm? Denn schließlich existiere ich ja schon (und meine Stelle auch!), und das bereits lange vor dem 1.4.92. Um Aufklärung bittet — möglichst vor dem 1. April nächsten Jahres
Jürgen Schmitz
(sog. Stammkraft im Kulturzentum Schlachthof)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen