Weiterwitzeln, Schwejk!

■ Der ostdeutsche Karikaturist Frank Leuchte ist tot

Frank Leuchte, Jahrgang 1942, war einer der auffallendsten DDR-Karikaturisten — wobei diese Berufsbezeichnung für ihn ein wenig eng ist: Er beherrscht nicht nur die »klassische« getextete Karikatur mit politisch-satirischem Akzent, sondern auch Cartoons, Comics in Schwarz-Weiß und Farbe, er entwarf Plakate, in denen grafische Klarheit und feine humoristische Hakenschläge Platz hätten — und er konnte selbst ganz ausgezeichnet schreiben: Pointen, die oft den zweiten Blick brauchten, weil sie mit schrägen Metaphern, valentinschem Wortwitz und politischem Hintersinn geladen waren. Ästhetisch war er ein versierter, hochtalentierter und bis in kleinste Fummeleien präzise arbeitender Konservativer der besten Sorte. Politisch könnte man ihn wohl einen Liberalen nennen, einen Linksliberalen vielleicht — aber solche Festlegungen hätte er am Caféhaustisch sicher nur mit irgendeinem verwirrenden Kalauer beantwortet.

Frank Leuchte war ein kräftiger, beleibter Mann mit Robben- Schnauzer, der, wenn er Zeichnungen schwitzend in letzter Sekunde ablieferte, zwar voller Bescheidenheit auftrat — der dann aber auch mal den Redakteur am Ärmel zog und überprüfte, ob der denn seine Lieblingsscherze überhaupt bemerkte und begriffen hatte. Wenn er in Form war (und wenn ich ihn traf, war er's immer), dann konnte man fest damit rechnen, ein lang dauerndes, von kurzen Ernsthaftigkeiten unterbrochenes Witz- und Ätz-Feuerwerk zu erleben. Manchmal hätte ich gern mitgeschnitten, was er so erzählte.

Er war ein Schwejk. Ich wünschte, ich hätte eine seiner langen und genußvollen Anekdoten mitgeschrieben: wie er zu DDR- Zeiten immer wieder verschiedene Trupps von Stasi-Leuten leimte und mit vorgetäuschter Dummheit veralberte. Aber wenn er solche Sachen einmal erzählt hatte, war's für ihn erledigt. Ich bin sicher, daß man in seinem Nachlaß noch ganz eigene Zeichnungen und Witze zum Stasi-Thema finden wird.

Sein Spitzname für mich war »Klauäs« — weil er als »gelernter Berliner« zu gern die hiesigen Eingeborenen veralberte. Am Telefon fragte er mich immer witzelnd, wenn er eine dezidiert bösartige Meinung übers neue Deutschland verkündet hatte: »Aber... Duhuuu... Klauäs — du bleibst doch mein Freund, ja?« — Geht klar. Bleibt so. Weiterwitzeln, alter Leuchte-Schwejk! Klaus Nothnagel