Daimler-Benz soll 33 Millionen nachzahlen

■ Am Mittwoch entscheidet die EG-Kommission im Prüfverfahren gegen Senat und Daimler-Benz / Kommissar Brittan für Millionen-Nachzahlung

Berlin. Der Senat darf mit einer Finanzspritze aus Stuttgart rechnen: Daimler-Benz soll für sein Grundstück am Potsdamer Platz 33,7 Millionen Mark nachzahlen. Wie die taz aus zuverlässiger Quelle erfuhr, ist dies der Inhalt einer Vorlage des zuständigen EG-Kommissars Leon Brittan, über die die Kommission in einer Sitzung am Mittwoch entscheiden wird. Dem Senat ist der Inhalt der Brittan-Vorlage dem Vernehmen nach bereits bekannt. Senatssprecher Dieter Flämig wollte sich dazu gestern nicht äußern, bestätigte aber, daß der Senat für Mittwoch eine Entscheidung erwarte.

Damit würde die Brüsseler Behörde den Schlußpunkt unter das Überprüfungsverfahren setzen, daß sie im Februar letzten Jahres im Fall Daimler-Benz eingeleitet hatte. Wie mehrfach berichtet, hatten die EG- Beamten den Kaufpreis von 93 Millionen Mark, für den der Senat dem Stuttgarter Konzern ein 60.000-Quadratmeter-Grundstück am Potsdamer Platz verkauft hatte, als zu niedrig betrachtet. Ein im Auftrag der EG erstelltes Zweitgutachten des Gutachterausschusses bei der Senatsbauverwaltung hatte im Sommer einen Grundstückswert von 179,7 Millionen Mark ermittelt.

In seiner Vorlage für die Kommission kommt Brittan jetzt in der Tat zu dem Ergebnis, daß der niedrige Kaufpreis, den das Abgeordnetenhaus im August 1990 mit den Stimmen von CDU und SPD gebilligt hatte, eine »Beihilfe« für den Konzern gewesen sei. Diese indirekte Subventionierung sei vom Senat zwar »nicht beabsichtigt« gewesen, habe dem Unternehmen aber einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil verschafft. Daimler-Benz müsse deshalb innerhalb von zwei Monaten nach der — für Mittwoch erwarteten — Bekanntgabe der EG- Entscheidung die genannte Nachzahlung leisten.

Wie der Senat reagieren wird, wenn die Kommission das von Brittan empfohlene Vorgehen billigt, blieb gestern offen. »Wir sollten nicht vor lauter Aufregung durchdrehen«, sagte Senatssprecher Flämig. Sobald die Entscheidung vorliege, werde der Senat die Begründung studieren und mit Daimler-Benz Gespräche führen. Die Stadt müsse sich »daran gewöhnen«, daß die EG- Kommission derartige Prüfverfahren durchführe, fügte der Sprecher hinzu. »Das heißt nicht, daß wir vor den Ergebnissen kapitulieren.« Flämig wollte sich nicht zu der Frage äußern, ob der Senat vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die EG- Entscheidung Klage einlegen wird.

Wirtschaftssenator Norbert Meisner (SPD), der 1990 mit Daimler-Benz den Kaufvertrag ausgehandelt hatte und heute auf Berliner Seite für das EG-Verfahren zuständig ist, wollte sich gestern nicht äußern. Auch Daimler-Benz war nicht zu einer Stellungnahme bereit. Daß der Konzern aus Verärgerung über die Nachzahlung sein Investitionsvorhaben am Potsdamer Platz storniert, gilt unter Fachleuten als unwahrscheinlich. Das Unternehmen hatte in der vergangenen Woche bereits einen Architektenwettbewerb für den Büro- und Dienstleistungskomplex ausgeschrieben, der auf dem Gelände am Potsdamer Platz entstehen soll. Hans-Martin Tillack