Die Türkei freut sich über Kohls Rede

■ Türkische Zeitungen schwenken von Deutschfeindlichkeit zur Völkerfreundschaft

Istanbul (taz) — Hocherfreut zeigen sich die türkischen Politiker über die Bundestagsrede des Bundeskanzlers Helmut Kohl vom Donnerstag. Das türkische Außenministerium war offensichtlich über die milden Töne Kohls so entzückt, daß es den Wortlaut der Rede ins Türkische übersetzte und Journalisten zufaxte. Viele türkische Tageszeitungen druckten den vollen Wortlaut der Passagen in der Kohl-Rede, die die Türkei betreffen. „In Wirklichkeit hat das Waffenembargo Deutschland Schwierigkeiten bereitet. Die anderen europäischen Staaten haben sich nicht daran beteiligt“, wird der türkische Außenminister in der Tageszeitung 'Hürriyet‘ zitiert. Es war ein vorschneller Schluß über die Isolation Deutschlands.

Der grobe Inhalt von Kohls Rede wurde auf einer Kabinettssitzung dem türkischen Premier Süleyman Demirel vorgetragen. „Wir haben seit Jahren freundschaftliche Beziehungen. Sie dürfen nicht aus irgendeinem Anlaß zerstört werden“, soll Demirel laut 'Hürriyet‘ die Kohl-Rede kommentiert haben. Die Mehrheit der türkischen Tageszeitungen hat einen Schwenk von antideutscher Hysterie in Richtung auf die hohlen Phrasen von Völkerfreundschaft eingeleitet. „Positive Signale von Kohl“ lautet die gestrige Schlagzeile der Tageszeitung 'Milliyet‘.

Doch auch die Skeptiker kommen zu Wort. „Das sind nur Worte“ titelt ein Sami Kohen in einem Kommentar in der Zeitung. „Es wäre vorschnell und optimistisch, von einer Wende in der deutschen Regierungspolitik zu sprechen. Was sich verändert hat ist der Tonfall, die Rhetorik“, urteilt der Kommentator. Deutschland habe nicht Abstand davon genommen im internationalen Kontext die türkische Politik in der Kurdenfrage zu verurteilen. öe