So sehen Sieger aus

■ Wie sich die „Republikaner“ in Baden-Württemberg im Wahlkampf präsentierten

Es ist schummrig im Gasthaus Bergblick bei Balingen, und auch nicht gerade frisch gelüftet. An den Wänden Geschnitztes und Kupferblech — die Insignien der Gemütlichkeit auf der Schwäbischen Alb. Der große Nebenraum ist hergerichtet, aber leer, die Wahlveranstaltung der „Republikaner“, brummt der Wirt, fände am Stammtisch statt. Da sitzen sie auch, ausschließlich Männer, ganze dreizehn, durchschnittlich im Vorruhestandsalter und schweigen ihre großen Biergläser an. Männer! Jörg Bannach, der örtliche Rep-Funktionär in seinem tarnfarbenen Bundeswehrpullover ist am Nebentisch aufgestanden und schlenkert mit den Armen. „Freunde! Ich danke für euer Erscheinen.“ Er spricht Berliner Dialekt, und ist schwer zu verstehen. Freunde, ich begrüße... aber da hatte sich der Stuttgarter Rechtsanwalt Christian Käs, Landesvorsitzender der baden-württembergischen „Republikaner“, dunkelblauer Nadelstreifen mit Weste, Halbglatze und Schnurrbart, auch schon erhoben.

Er malt ein düsteres Bild unserer Republik. Ein Land, wie er meint, voller Krimineller, italienischer Mafiosi, polnischer Autodiebe, jugoslawischer Zuhälter, rumänischer Einbrecherbanden und arabischer Terrorkommandos. Und vor allem voller „grinsender türkischer Rauschgifthändler“, die 24 Stunden nach ihrer Festnahme wieder auf der Straße stehen, statt für fünf bis zehn Jahre weggeschlossen zu sein. Käs plädiert für Opferschutz statt Sozialfürsorge. Schaurig! Doch der Herr Käs ist hier ein alter Bekannter. Er hat bei den letzten Bürgermeisterwahlen im Nachbarort 23 Prozent der Stimmen geholt, und so schaut auch kaum einer der Anwesenden über sein Bierglas, wenn er seine Standardforderung poltert von der ersatzlosen Streichung des Asylparagraphen, die „bis ins letzte Negerdorf verstanden werden muß“. Man kennt den Satz schon, nur hören wollte man ihn noch einmal.

Christian Käs setzt sich. Er ist etwas müde vom Wahlkämpfen. Fragen gibt es nicht. Die Bedienung bringt ihm seinen schwäbischen Wurstsalat. „Kennt ihr den“, fragt sie in die Runde? Die Männer schauen sie erwartungsvoll an: „Legt sich die Magd betrunken zu den Kühen in den Stall und wacht nachts unter einem der Euter auf, immer der Reihe nach, mault sie die vermeintlichen Freier an.“ Ha, ha, ha, lacht da der Herr Käs, oho, freut sich der Herr Bannach, und der Rentner mit dem schlesischen Akzent, der als kostenloser Wahlhelfer eben noch einen Stapel Infomaterial eingesackt hat, wischt sich grinsend das Bier vom Mund. „Das wär schon eine rechte Überraschung, sagt der Herr Käs, wenn wir nicht in den Stuttgarter Landtag kommen würden.“ Jetzt ist er drin, der Herr Käs, und auch der Dr. Rolf Schlierer, dem einst der schreckliche Marinerichter und CDU-Alterspräsident Hans Filbinger den rechten Weg wies.

Und mit ihnen wohl noch ein paar weitere rechtspatriotische Kandidaten aus den Wahlkreisen Heidenheim, Kirchheim, Mannheim und von der Schwäbischen Alb. „Eine Schande für unser Land“, hatte der bisherige baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel, CDU, den bevorstehenden Einzug der Rechten ins Stuttgarter Landesparlament genannt. Von den Sozialdemokraten mußte er sich vorhalten lassen, die „Geister“ mit Parolen wie „Asylproblem lösen“ längst gerufen zu haben. Gar so schlimm — bis auf den Machtverlust der CDU nach 20 Jahren Alleinregierung — wird der Einzug der „Geister“ denn auch nicht werden. Hoffähig sind sie, für den Wähler, schließlich außerhalb des Parlaments geworden. 1968 zog die NPD mit 9,8 Prozent in den Stuttgarter Landtag, seither dümpeln die Nationaldemokraten zwischen 1 Prozent und 2 Prozent. Die CDU aber wird, egal in welcher Koalition, ihre Law-and-Order-Positionen in der Rechts-, der Sozial- und Wohnungspolitik und vor allem in der Asylpolitik ändern müssen, um künftig im Stuttgarter Landtag nicht gänzlich mit den „Republikanern“ verwechselt zu werden. Dietrich Willier