MIT DEN SCHOCKTHERAPIEN AUF DU UND DU
: UN befürchtet Kollaps

■ Osteuropas Wirtschaft laut ECE-Experten weiter auf Talfahrt

Genf (epd/dpa/taz) — Der wirtschaftliche Zusammenbruch in Osteuropa hat nach Auffassung der UN-Wirtschaftskommission für Europa (ECE) fast das Ausmaß der Depression der 30er Jahre erreicht. In dem gestern veröffentlichten Jahresbericht konstatieren die ECE-Wirtschaftsexperten das Ausmaß des ökonomischen Niedergangs als weitaus dramatischer als angenommen. In den Staaten Osteuropas ist die Produktion insgesamt um 14 Prozent gesunken. Allein die Industrieproduktion brach seit 1988 um ein Viertel ein.

Dennoch herrschen große Unterschiede zwischen den einzelen Ländern. Die Lage in Polen, Ungarn und der CSFR ist für die ECE weniger besorgniserregend als in Bulgarien und Albanien, wo die Produktion allein 1991 um über 60 Prozent zurückging. Die Inflation, die trotz erster positiver Entwicklungen erneut anstieg, lag im Dezember letzten Jahres in Rumänien mit 367 und in Jugoslawien mit 644 Prozent am höchsten. Die Zahl der Arbeitslosen in Osteuropa (ohne Sowjetunion) hat sich 1991 auf über sechs Millionen verdoppelt.

Als „enttäuschend“ wird das bisherige Engagement privater ausländischen Investoren angesehen. Die UN-Wirtschaftsexperten warnen zudem davor, daß die öffentliche Unterstützung für den wirtschaftlichen Wandel abnehme und erneuerten ihre Forderung nach einem „Marshall-Plan" für Osteuropa. Dort mache sich derzeit ein „gefährlicher Pessimismus“ breit, der die Reformprozesse gefährden könne. In dem Bericht wird Politikern in Ost und West vorgeworfen, die Bürger über die äußerst harten Folgen im Unklaren gelassen zu haben. Die Kommission übt auch Kritik an der nach ihrer Sicht zu geringen westlichen Hilfe. Die 24 führenden Industriestaaten hätten rund 32 Milliarden US-Dollar für die Zeit von Januar 1990 bis Juni 1991 zugesagt, davon seien aber nur ein Fünftel direkte Zuschüsse. Der größte Teil werde in Form von Finanzierungshilfen gewährt und trage zur weiteren Verschuldung der Länder bei. Den GUS-Staaten wurden von September 1990 bis Januar 1992 etwa 79 Milliarden Dollar zugesagt, haben aber bisher erst weniger als ein Drittel dieser Summe erhalten. Wie die ECE berichtet, sackte 1991 die Nettoproduktion (ohne Dienstleistungen) in den GUS-Staaten um 15 Prozent ab, das Bruttoinlandsprodukt gar um 17 Prozent. es