Castros Kampfgeist ist ungebrochen

■ Das Fahrrad avancierte zum offiziellen Emblem des Parteitages der KP-Jugend, der in einem unterirdischen Tunnel eröffnet wurde/ Der „maximo lider“ räumt wirtschaftliche Schwierigkeiten ein

Havanna (afp) — Die Rede, die der kubanische Staats- und Parteichef Fidel Castro am Samstag zum Abschluß des Parteitages der Kommunistischen Jugend Kubas (UJC) hielt, hat erneut bewiesen: Der Kampfgeist des „maximo lider“ ist ungebrochen, auch wenn der Zusammenbruch des „real existierenden Sozialismus“ in Osteuropa der kubanischen Wirtschaft zunehmend zu schaffen macht. Besonders gravierend ist die Energiekrise, unter der die Karibikinsel wegen der ausbleibenden Erdöllieferungen, vor allem aus der ehemaligen UdSSR, leidet. So war denn auch das Fahrrad zum offiziellen Emblem des Sechsten Parteitages der Jugendorganisation ausgewählt worden. Demonstrativ waren die 1.500 Delegierten am Mittwoch auf Zweirädern durch Havanna zum Karl-Marx-Theater gefahren, wo der Parteitag bis zum Samstag tagte.

Davon, daß es „keine Zugeständnisse an die Reaktion und den Imperialismus“ geben dürfe und von der „Ehre, Kommunist zu sein“, sprach Castro in seiner Rede vor den Delegierten und der aus gegebenem Anlaß anwesenden kubanischen Führung, einschließlich seines Bruders, Verteidigungsminister Raul Castro. Das Privateigentum an den Produktionsmitteln sei nicht zu rechtfertigen, der freie Bauernmarkt ein Fehler und der Sozialismus „das nobelste, gerechteste und würdigste System“.

Kämpferisch war auch der Auftakt des Kongresses der KP-Jugend gewesen. Der alte und neue Erste Sekretär der Organisation, Roberto Raina, eröffnete ihn am vergangenen Dienstag in Abwesenheit der Delegierten mit einer Rede, die von einem unterirdischen Verteidigungstunnel aus über 54 kubanische Rundfunkstationen gleichzeitig ausgestrahlt wurde. In der Rede hieß es, mit der spektakulären Eröffnung solle bekräftigt werden, „daß die Jugend ihre Revolution unter allen Umständen fortführen wird, in einem Theater oder unter der Erde, mit oder ohne Delegierte“. Die kubanische Führung läßt seit mehr als einem Jahr für den Fall eines militärischen Überfalls der USA unterirdische Tunnel und Schutzräume bauen. Auch UJC- Funktionäre hatten sich am Dienstag an den Bauarbeiten beteiligt. Mit der Wiederwahl von Roberto Robaina zum Ersten und von Roberto Garcia zum Zweiten Sekretär der Kommunistischen Jugend wurde am Samstag Kontinuität demonstriert. Für den 36jährigen Robaina, der auch Mitglied des Politbüros der Kubanischen Kommunistischen Partei (PCC) ist, votierten 1.483 der 1.488 stimmberechtigten Delegierten. Der von seinen Mitstreitern kurz „Robertico“ genannte Robaina, der innerhalb der KP als „Aufsteiger mit Zukunftschancen“ gilt, prägte einen neuen Stil innerhalb der UJC, die nach eigenen Angaben 600.000 Mitglieder zählt. Amtlichen Angaben zufolge sind 54 Prozent der Bevölkerung jünger als 30 Jahre.

Im Gegensatz zum fünften Parteitag der Organisation, der 1987 stattfand und von Protesten gegen den „allgegenwärtigen Bürokratismus“ geprägt war, kennzeichneten die diesjährige Konferenz konkrete Vorschläge zur Unterstützung der Pläne, die Kuba bei der Überwindung seiner gegenwärtigen Wirtschaftskrise helfen sollen. Darauf ging auch Castro ausführlich in seiner Rede ein. Aufgrund der zahlreichen Energieengpässe, des Mangels an Dünger und Ersatzteilen habe es Rückschläge bei der Zuckerrohrernte gegeben. Rohrzucker ist Kubas Exportprodukt Nummer eins, aus dessen Erlös traditionell die Einfuhr von Erdöl finanziert wird. In diesem Jahr hat Kuba laut Castro Rußland eine Million Tonnen Öl abgekauft, 1989 habe es noch 13 Millionen Tonnen erhalten.

Trotz der Notwendigkeit, den Gürtel enger zu schnallen, bleiben Kubas wirtschaftliche Prioritäten dieselben. Das heißt vor allem, daß der Lebensmittelplan aufrechterhalten bleibt, eines der Hauptthemen auf dem Parteitag, der zu einem Zeitpunkt stattfand, da sich landesweit Zehntausende Jugendliche an der Feldarbeit beteiligen. Die Masse der kubanischen Bevölkerung ist mehr denn je damit beschäftigt, ihr wirtschaftliches Überleben zu sichern. Die theoretisch garantierten bezugsscheinpflichtigen Lebensmittelmengen reichen nur für das Nötigste. Dennoch erhält jedes Schulkind einen halben Liter Milch pro Tag.