Getreide- zu Farbfeldern!

■ Gisela Winter-Weltz sät, gießt, sprüht bunt und erntet doch: Kunst auf Farb-Feldern

Was soll man davon halten? Da recken sich, ganz wider die Schwerkraft, Borsten, starre Fäden — von der Leinwand weg geradewegs der Betrachterin entgegen, waagerecht fast, manchmal plüschig dicht, oft spärlich, fast kahl. Anfassen, was sich zwingend aufdrängt, ist beim Kunstwerk natürlich verboten. Beim Näherkommen die Erkenntnis: Das hier ohne Bilderrahmen ist weder Flokati noch Plüsch, auch kein englischer Rasen, obwohl das der Sache schon nah kommt: Also: Dieses Bild hier war mal ein Getreidefeld.

Gisela Winter-Weltz, Bremer Gedok-Künstlerin, hat konventionell angefangen, mit Leinwand und Keilrahmen, 1x1 Meter, dann aber Erde zugegeben, Weizen oder Gerste drauf gesät und ordentlich gegossen. Kalkül und Saat gingen auf, Körner blieben taub oder barsten auseinander, wie in der Natur, Halme sprossen, wuchsen. Dann fand die Künstlerin, daß es nun genug Natur sei, stoppte, stellte das Gießen ein und sprühte schließlich auf die entstandene dreidimensionale Landschaft Buntlack, satt.

Die Ergebnisse — 8 dieser Bilder sind im Alelierhof aufgehängt — sind interessant wie irritierend: in blau und dunkelgrün und grellgrün, in rot und anthrazit läßt diese richtig falsche Natur an alles gleichzeitig denken: an Einöden und Gestrüpp, verdorte, plattgetretene Halme, an Nähe und Weite, an Üppig-Saftiges und Verkarstetes. Die Bilder, hintersinnig Farb-Felder genannt, sollen überhaupt kein Lehrstück sein für Nord-Süd-Konflikt, Vegatationszonen, arm und reich, Nahrungsvernichtung. „Ich bin kein Konzeptkünstler“, sagt Gisela Winter-Weltz von sich; eher geht es ihr um Momentaufnahmen von Befindlichkeiten zund Gefühlen, für die diese Farben und Landschaften stehen. Karla Wagner von der Gedok drückte das bei der freitäglichen Eröffnung so aus: „Die Quadrate zwingen den Betrachter zur Auseinandersetzung mit dem Lichtreiz Farbe, erinnern ihn daran, daß es Farben gibt, die wir aktiv nennen, die auf uns zukommen, und Farben, die passiv sind, sich zurückziehen, Farben, die sich scheinbar ausdehnen und solche, die sich zusammenziehen. Es gibt schnelle und langsame, schwere und leichte Farben.“ Probieren Sie mal! S.P.

Körner, Borsten

Bis zum 24.4., Atelierhof,

Alexanderstraße 9b, Di.-Sa. 15-19 Uhr