Wohnungsbaugesellschaft will keine Untermieter

■ Berliner MieterGemeinschaft: Mieter haben Rechtsanspruch auf Untervermietung bei nachgewiesenem berechtigtem Interesse

Berlin. Vorwürfe gegen die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Lichtenberg erhob gestern die Berliner MieterGemeinschaft. Die Gesellschaft verweigere prinzipiell die Erlaubnis zur Untervermietung, obwohl MieterInnen darauf einen Rechtsanspruch haben und der Bausenator die landeseigenen Gesellschaften angewiesen hatte, Untervermietungen zuzulassen. Das bedeute, daß Mieter aus ihren Wohnungen verdrängt werden, wenn sie sich diese nicht mehr leisten können.

Eine Mieterin, die allein lebt, hatte Anfang des Jahres um die Erlaubnis gebeten, eines ihrer Zimmer unterzuvermieten. Ihre Rente reiche nicht aus, die seit dem Oktober erhöhte Miete zu bezahlen, zudem möchte die Frau auch aus gesundheitlichen Gründen jemanden in die Wohnung aufnehmen. »Eine Zustimmung auf Untervermietung«, schrieb darauf die Wohnungsbaugesellschaft Lichtenberg an die Frau, »wird nicht erteilt«. In einem anderen Fall wurde ebenfalls einer Lichtenberger Rentnerin die Erlaubnis zur Untervermietung an einen Studenten verweigert. Die Frau durfte dann wenigstens ihren Lebensgefährten in ihre 112 Quadratmeter große Wohnung aufnehmen. Diese Wohnung gegen eine kleinere zu tauschen, verweigerte ihnen jedoch die Gesellschaft, da sie keinen gemeinsamen Wohnberechtigungsschein hätten.

Das sei, so Gerd Heß von den Berliner MieterGemeinschaft, rechtswidrig. Jeder Mieter habe einen Rechtsanspruch auf Untervermietung, wenn er ein finanzielles oder ein persönliches Interesse daran nachweisen könne. Das habe der Bundesgerichtshof 1984 bestätigt. Das Interesse muß — einzige Bedingung — erst nach Abschluß des Mietvertrages entstanden sein, und man darf nicht die ganze Wohnung untervermietem. Zudem kann der Vermieter widersprechen, wenn er gegen die Person des Untermieters einen wichtigen Einwand hat. Das werde von den Amtsgerichten und dem Landgericht immer wieder bestätigt. Das Problem sei nur, daß ein Prozeß deswegen ein bis zwei Jahre dauere. Um den Lebensgefährten aufzunehmen, brauche man gar keine Erlaubnis, es reiche, das dem Vermieter anzuzeigen, sagte Heß.

Von der Wohnungsbaugesellschaft Lichtenberg war gestern keine Stellungnahme zu erhalten. Die Sprecherin von Bausenator Wolfgang Nagel (SPD), Petra Reetz sagte, der Senator lehne das Verhalten der Lichtenberger Gesellschaft ab. Städtische Wohnungsbaugesellschaften seien gehalten, Untervermietungen zuzulassen. Der Bausenator hatte 1987 in einer Studie festgestellt, daß ein Viertel der BerlinerInnen prinzipiell bereit wären, unterzuvermieten. 145.000 der Westberliner Wohnungen galten damals als unterbelegt. In 4,6 Prozent der rund eine Million Westberliner Wohnungen lebten Untermieter. esch