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■ Immobilie in bester Berlin-Lage: Szenario im Zuge der 'adn‘-Privatisierung

Der 'adn‘, der Allgemeine Deutsche Nachrichtendienst der früheren DDR, soll privatisiert werden. Darin sind sich Geschäftsführung, Belegschaft und Treuhand, die alleinige Gesellschafterin der Agentur, einig. Trotzdem bot sich dem Medienausschuß des Berliner Abgeordnetenhauses, der sich mit der Zukunft der Agentur befaßte, ein wirres Privatisierungsszenario. Allein sieben Übernahmeanträge hat die 'adn‘-Geschäftsführung bisher gestellt.

Die Treuhand konnte keines dieser „Management Buy Out“-Modelle (MBO) überzeugen, denn wie so oft ist auch hier ein Immobilie in bester Lage im Spiel.

Die aber ist nach Auffassung des zuständigen Treuhanddirektors Eberhard Sinnecker — ebenso wie das 'adn‘-Bildarchiv — Eigentum der Bundesrepublik. Somit beschränkt sich der „Wert“ der Agentur auf den Namen und die Mitarbeiter, was potentiellen Investoren wenig Sicherheit bietet. Wenn schon keine Immobilie, dann wenigstens eine Anschubfinanzierung, forderte 'adn‘-Geschäftsführer Günter Hundro, schließlich sei 'adn‘ ein solides Unternehmen und habe „nicht eine Mark Schulden“. Ganz anders sieht das Sinnecker: „'adn‘ ist nicht schuldenfrei“, und eine Anschubfinanzierung sei eine unerlaubte staatliche Subventionierung eines Medienbetriebes.

Vor vier Wochen sah es so aus, als ob der Bonner Wirtschaftsprüfer Friedhelm Rentrop den Zuschlag erhalte, doch der ehemalige FDP-Abgeordnete scheint ebenso aus dem Rennen wie sein Berliner Parteikollege, der Unternehmensberater Joachim F. Meier. Unterdessen ist ein neuer Bewerber aufgetaucht, der auch zusammen mit der 'adn‘-Geschäftsführung ein MBO/MBI-Modell (Buy-Out/Buy-In) realisieren möchte. Dem Vernehmen nach soll es sich um den früheren Chefredakteur des Deutschlanddienstes der Nachrichtenagentur 'Reuters‘, Jochen Raffelberg handeln. Sein Angebot: eine Mark. Auf die Immobilie und Mieteinnahmen will die Käufergruppe zwar verzichten, nicht aber auf einen Zuschuß der Treuhand. Sie soll zumindest in den ersten beiden Jahren die Bilanzen ausgleichen, danach hofft Hundro auf eigenen Füßen zu stehen.

Konzeptionell will sich 'adn‘ auf den Osten beschränken, was sich mit den Wünschen von 'adn‘-Kunden (zum Beispiel 'Berliner Zeitung‘ oder „Antenne Brandenburg“) deckt. Für sie ist die Agentur eine „unverzichtbare Nachrichtenquelle“ aus den neuen Ländern und Osteuropa.

Das zu hören, freut die Geschäftsleitung, doch die Belegschaft hat wenig davon. Von den einst 1.350 MitarbeiterInnen sind zur Zeit noch 254 beschäftigt. „Noch zuviel“, meinen — ausnahmsweise übereinstimmend — Treuhand und Manager. Sie planen den Personalstand auf 100 zu reduzieren. mail