Koransure zur Freiheit

Manama (afp) — „Kriminelle kommen, wir machen daraus Prediger“— auf diesen Nenner bringt der Gefängnisdirektor von Hajer in Saudi-Arabien die Umerziehung in seiner Strafanstalt. Mohammed Abdallah Al Kahtani stellt den Koran als das zentrale pädagogische Instrument zur Bekehrung von Straftätern heraus. Wer in diesem streng islamischen Staat vom rechten Weg der Gläubigen abgekommen ist, wird im Gefängnis fortwährend mit religiösem Gedankengut konfrontiert. Nach einer Aufzählung des Kommandanten Al Kahtani gehören dazu Vorträge Geistlicher, Rundfunk-Übertragungen von Predigten und die täglichen fünf Gebete.

Das vom Gefängnisdirektor in Hajer angepriesene Rezept gilt auch in den anderen Haftanstalten des Königreichs. In einem Interview der saudiarabischen Wochenzeitung 'al-Muslimun‘ sagte Al Kahtani: „So können unsere ,Gäste‘ von ihrem Aufenthalt in dieser Erziehungsanstalt profitieren.“ Manche Insassen erreichten durch das Auswendiglernen des Korans eine Verkürzung ihrer Strafen. König Fahd hatte 1988 entschieden, gewöhnliche Strafgefangene könnten durch das Auswendiglernen der islamischen Heiligen Schrift ihre Haftstrafen halbieren. Der Koran besteht aus 114 Suren, die jeweils zwischen drei und 286 Verse umfassen.

Das saudiarabische Königshaus pflegt außerdem aus Anlaß religiöser Feste Gnadenerlasse zu verkünden. So wurden zum Abschluß des islamischen Fastenmonats Ramadan in der vergangenen Woche 2.956 Häftlinge, darunter 1.259 Ausländer, im Zuge einer Teilamnestie freigelassen. Das Innenministerium gab anschließend bekannt, in den Gefängnissen Saudi-Arabiens befänden sich nur noch „Hochkriminelle, die nicht begnadigt werden können“. Nach den Aussagen von General Salah ben Schuil Al Kahtani, dem Chef der Generaldirektion der Gefängnisse, erhalten die Häftlinge neben den religiösen Unterweisungen auch kulturellen und beruflichen Unterricht.

In 'al-Muslimun‘ wurde ein Gefangener vorgestellt, der versicherte, er habe bei seiner Inhaftierung nicht schreiben und lesen können, habe es aber während der Gefangenschaft gelernt. Er habe es nun sehr eilig, „diese theologische Fakultät“ zu verlassen, um sich als Prediger zu betätigen. Nach offiziellen Angaben haben die Häftlinge in Saudi-Arabien auch das Recht, ihre Frauen zu empfangen und sich mit ihnen zurückzuziehen, wie es die Scharia vorschreibt. Habib Trabelsi