Terror in Kreuzberg

■ Keine deutsch-ausländische Problematik

Nach dem kürzlichen Attentat auf die Vorstandsmitglieder der rechtsradikalen »Deutschen Liga für Volk und Heimat« scheint sich die Lage zwischen den Deutschen und Berliner Ausländern kritisch zuzuspitzen. Einige Zeitungen berichten sogar, daß radikale Gruppen Gegenangriffe auf Ausländer vorbereiteten.

Wegen Meinungsverschiedenheiten Gewalt anzuwenden ist barbarisch. Aus demselben Grund politisch motiviert zur Waffe zu greifen und Andersdenkende zu verletzen, sogar zu töten, ist ein terroristischer Akt, wie ihn die ganze Menschheit nur verabscheuen kann. Die menschliche Vernunft soll sich gerade hier durchsetzen, um die in den Köpfen festgefahrenen feindlichen Klischees abzubauen.

Unpassend sind aber auch Äußerungen mancher Politiker nach dem grausamen Geschehen, die meinen, die Gewalt komme nicht nur von rechts, sondern auch von der linken Szene, und es müsse alles unternommen werden, diese zu unterbinden. Dazu fällt mir spontan ein türkisches Sprichwort ein: »Mit dem Blasebalg aufs Feuer losgehen...«

Zu den vermutlichen Tätern: Laut Augenzeugen und der Polizei sind sie unter den Türken und Arabern zu suchen, weil sie »südostländisch« ausgesehen haben sollen. Ich frage mich, wie die Reaktion sein würde, wenn man, nachdem die Täter gefaßt wurden, feststellen müßte, daß sie einen deutschen Paß haben. Es ist erstaunlich, wie — bevor ein krimineller Anschlag aufgeklärt wird— zuerst Ausländer als Täter in Frage kommen. Der Fall sollte vielmehr als Umgang zwischen politisch Andersdenkenden ausgelegt werden, statt aus ihm eine deutsch-ausländische Problematik zu machen. Unabhängig davon, von welcher Hand er ausgeübt wurde, ist dieser Mord wie jeder andere auf das Schärfste zu verurteilen. Ali Yumusak/'Hürriyet‘, Berlin