Ausnahmezustand in Peru soll dauern

■ Neue Verfassung, Referendum und Wahlen angekündigt/ Außenminister weist internationale Kritik zurück

Lima (afp) — Die neue peruanische Regierung will „zwölf bis achtzehn Monate“ ohne die Verfassung und mit Ausnahmegesetzen regieren. Der neue Ministerpräsident Oscar de la Puente kündigte am Dienstag in Lima eine „Periode der Einheit, des Notstands und des nationalen Wiederaufbaus“ an, die zwischen einem und eineinhalb Jahren dauern solle. Außenminister Augusto Blacker erklärte, Präsident Alberto Fujimori wolle bis zum 28. Juli 1995 im Amt bleiben. Dann läuft laut Verfassung sein Mandat aus. Am Dienstag überraschte der Präsident durch einen Ausflug ins Zentrum Limas, wo er Passanten die Hand schüttelte. De la Puente und Blacker kündigten an, die erste Phase des Notstandsplans sehe eine Verfassungsreform binnen höchstens sechs Monaten vor. Anschließend sei ein Referendum vorgesehen, das von der Wahl eines neuen Parlaments gefolgt werde. Die Kommunalwahlen im November sollen diesen Angaben zufolge ungeachtet der Ausnahmeregelungen wie vorgesehen stattfinden. Der Regierungschef stellte die baldige Freilassung der inhaftierten Personen und den Rückzug der Armee aus den Rundfunk- und Fernsehstationen an. Nach Angaben de la Puentes wurden seit Sonntag achtzehn Personen aus politischen Gründen festgenommen, davon zwölf Parlamentarier und sechs Juristen. Die Regierung wisse nicht, wo sich der frühere Präsident Alan Garcia aufhalte. Garcia wurde seit Sonntag nicht mehr gesehen. Es wurde angegnommen, daß er festgenommen wurde. Außenminister Blacker wies die internationale Kritik zurück, wonach in Peru eine Diktatur herrsche. „Wir sind mit einer Ausnahmesituation konfrontiert, die Übergangscharakter hat und nicht jahrelang dauern wird“, versicherte er. Gewisse politische Kräfte hätten versucht, das Regierungsprogramm Fujimoris zu torpedieren. „Davon hätten einzig und allein der Terrorismus und die Drogenhändler profitiert“, betonte Blacker. Aus Protest gegen den Staatsstreich in Peru ist der Staatsanwalt der Nation, Pedro Mendez Jurado, am Dienstag zurückgetreten. Unter den derzeitigen Bedingungen könne er nicht weiter unabhängig für die Rechte des Volkes arbeiten, hieß es in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung. Mendez Jurado war einer der wenigen Justizvertreter, denen in den vergangenen Monaten öffentliche Kritik erspart geblieben war. Etwa fünfhundert Soldaten und Polizisten nahmen unterdessen ein Gefängnis im Osten Limas ein, in dem inhaftierte Mitglieder der linksgerichteten Untergrundorganisationen Leuchtender Pfad (SL) und Revolutionäre Bewegung Tupac Amaro (MRTA) nach Angaben der Behörden und der Presse seit Monaten die Kontrolle innehatten.

Fujimori besiegelte am Dienstag per Dekret die Bildung seiner neuen „Regierung des nationalen Wiederaufbaus“ und die Auflösung des Parlaments. Die Gesetzgebung soll künftig beim Präsidenten liegen. Fujimori bestätigte am Dienstag zudem per Dekret die Aufhebung aller verfassungsmäßigen Rechte. Er kündigte eine komplette Neuorganisation des Gesetzgebungssystems an. Zu diesem Zweck sollten „Übergangskommissionen“ eingesetzt werden. Fujimori will das Land von Terroristen und Drogenhändlern säubern und so ein günstiges Klima für Investitionen schaffen. Fujimori hatte am Sonntag mit Rückendeckung durch die Armee die Verfassung außer Kraft gesetzt und das Parlament aufgelöst. Das Militär besetzte Rundfunk- und Fernsehstationen, Soldaten in Kampfuniformen drangen in die Redaktionsräume der in Lima erscheinenden Zeitungen ein. Der Rundfunksender Antena Uno wurde vom Militär geschlossen, eine Gruppe von etwa fünfzig Offizieren hat die Polizeigewalt in Lima übernommen. Fujimoris Vorgehen wurde weltweit verurteilt. Die USA setzten ihre Wirtschafts- und Militärhilfe aus.