Irland: Abstimmung über Abtreibung

In einem Referendum soll entschieden werden, ob Frauen das Recht auf Reisefreiheit und Information über Schwangerschaftsabbrüche im Ausland haben/ Lebensschützer kündigen bereits Proteste an  ■ Aus Belfast Ralf Sotscheck

Die IrInnen müssen in einem Referendum entscheiden, ob Frauen das Recht auf Reisefreiheit und Information über Abtreibung im Ausland haben. Das gab die irische Regierung am Dienstag abend bekannt, nachdem die EG eine Veränderung des Zusatzprotokolls zum Maastrichter Abkommen abgelehnt hatte. Mit dem Zusatzprotokoll wollte sich die irische Regierung garantieren lassen, daß das Abtreibungsverbot, das in der irischen Verfassung festgeschreiben ist, durch das Maastrichter Abkommen nicht beeinträchtigt werde.

Im März hatte der höchste irische Gerichtshof entschieden, daß ein 14jähriges selbstmordgefährdetes Mädchen zur Abtreibung nach England reisen dürfe. Die 14jährige war vergewaltigt worden. Mit seinem Urteil legte der Richter eine völlig neue Interpretation des seit 1983 in der Verfassung verankerten Abtreibungsverbotes vor.

Der Termin für das Referendum steht noch nicht fest, doch darf es nicht später als das für Juni geplante Referendum über das gesamte Maastrichter Abkommen stattfinden. Ein parlamentarischer Ausschuß berät zur Zeit noch darüber, ob ein drittes Referendum über eine Veränderung des betreffenden Verfassungsparagraphen anberaumt wird.

Während die Oppositionsparteien die Regierung unterstützten, haben verschiedene katholische Organisationen bereits heftigen Widerstand gegen das Referendum angekündigt. Ihre Kampagne soll in den nächsten Tagen beginnen. Die selbsternannten Lebensschützer wollen beide Themen verbinden: Die Reisefreiheit soll lediglich in dem Verfassungsparagraphen, der Abtreibung verbietet, festgeschrieben werden. Freie Information über Abtreibung lehnen sie kategorisch ab. Senator Des Hanafin, einer der führenden Abtreibungsgegner, sagte gestern, es sei „völlig unverständlich, daß es ein Referendum über Reise- und Informationsfreiheit geben soll“. Nach dem Urteil des höchsten irischen Gerichtshofes müsse die Bevölkerung jetzt erst einmal die Gelegenheit haben, das allgemeine Abtreibungsverbot per Referendum wiederherzustellen. Hanafin warnte, daß ansonsten das Maastrichter Abkommen zu Fall gebracht werden könnte.

Premierminister Albert Reynolds hat inzwischen den Richter Rory O'Hanlon und den Generalstaatsanwalt Harry Whelehan zu einem Gespräch vorgeladen. Beide hatten sich öffentlich entschieden gegen eine Lockerung des Abtreibungsverbots ausgesprochen und die Regierung scharf kritisiert. Reynolds sagte, damit hätten sie ihre Kompetenzen überschritten.

Die Auswirkungen, die das Referendum auf die irische Gesetzgebung haben wird, sind noch unklar. Reynolds sagte, das Zusatzprotokoll schütze den irischen Abtreibungsparagraphen in der Verfassung in seiner jetzigen Form. Sollte dieser Paragraph später per Volksentscheid verändert werden, so gelte das Zusatzprotokoll dafür nicht mehr, es sei denn, die anderen elf EG-Länder geben ihr Plazet.