NVA-Laster am Schlagbaum gestoppt

Kroaten wollten vermutlich 44 Kleinlaster ins Kriegsgebiet transportieren/ Gerät beschlagnahmt  ■ Von Annette Jensen

Berlin (taz) — In Bad Reichenhall stehen 34 Lastwagen aus ehemaligen NVA-Beständen streng bewacht auf dem Volksfestplatz. Kroaten hatten sie bei der VEBEG GmbH in Frankfurt ganz legal gekauft. Nicht legal war hingegen ihre Absicht, sie in ihre Heimat zu exportieren. Als am Sonntag die ersten beiden Wagen am Schlagbaum der Grenze nach Österreich vorfuhren, wurden die Zollbeamten trotz des Rote-Kreuz-Emblems stutzig und verlangten die Ausfuhrpapiere, womit die Fahrer nicht dienen konnten. In Bad Reichenhall entdeckte die Polizei dann noch 32 Fahrzeuge der DDR-Armee. Gestern nachmittag wurden auch ihre Kollegen in einer Münchener Nobelstraße fündig, wo zehn LKWs geparkt waren. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft. „Auf illegalen Export, aber auch auf einen Tatversuch stehen bis zu fünf Jahre Gefängnis und hohe Geldstrafen“, so Pressesprecher Heilinger von der Oberfinanzdirektion München. Verhökert wurden die Fahrzeuge von der VEBEG GmbH in Frankfurt, die die nicht von der Bundeswehr übernommenen NVA-Bestände anbietet: Allein im letzten Jahr wurden 12.000 LKWs, Motorräder, Trabis und andere zivil nutzbare Gefährte an Firmen oder Privatpersonen verkauft, schätzt VEBEG- Geschäftsführer Hans Jochim Przychowfki. Jede/r kann sich auf den Lagerplätzen der Firma umsehen und ein Fahrzeug kaufen. „Der Robur- Kleinlaster, um den es sich in diesem konkreten Fall handelt, wird tausendfach in der Landwirtschaft und als Firmenwagen eingesetzt“, so Przychowfki. Die Spezialluken und Halterungen für Waffen machen das Gerät offiziell nicht zum Militärfahrzeug: Generell können sie genehmigungsfrei ausgeführt werden.

Genehmigungspflichtig sind aber seit November letzten Jahres Exporte von militärischer Ausrüstung einschließlich Tarnnetzen und sonstigem Gerät ins ehemalige Jugoslawien. Darunter fallen auch die 3,7-Tonner der NVA. „Die Kroaten können jetzt bei uns einen Ausfuhrantrag stellen“, so der Pressesprecher des Eschborner Wirtschaftsamtes. „Wenn der vorliegt, ist das Ganze bei uns in besten Händen: In aller Regel lehnen wir so etwas ab“, so der Sprecher des Bundesamtes, das bei der Unterbindung von Militärexporten bekanntlich nicht immer besonders helle ist.

Schon im Februar hatte das Bonner Finanzministerium bei den Zollbehörden Alarm geschlagen, nachdem das Hauptzollamt Halle 90 NVA-Kleinlaster abgefangen hatte, die Exilkroaten per Bahn in ihre Heimat transportieren wollten. Bis zu 1.500 Roburs haben Kroaten gekauft, vermutet das Finanzministerium. Ob schon einige unerkannt die Grenzen passiert haben, wissen weder Zoll noch Finanzministerium.