Wie die Landschaft die Stadt gliedert

■ »Landschaft als Programm — Grüne Visionen für Berlin«/ Eine Ausstellung im Pavillon am Alexanderplatz Landschaftsplanung geht in die Offensive/ Bürgerbeteiligung, Werkstatt und Visionen vor dem »sozialistischen Weg«

Berlin. Schon am Eingang der Ausstellung Landschaft als Programm (LaPro) wird klar, daß den Besucher hier kein einfaches Thema erwartet. Bevor er zu weiteren Plänen vordringt, muß er ein »Planungslabyrinth«, immerhin mit Ein- und Durchblicken, durchqueren. Eines bleibt hängen: Die Landschaftsplanung hat es in der Auseinandersetzung mit anderen Planungen nicht gerade leicht.

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz als Veranstalterin dieser Ausstellung will nun in die Offensive gehen. Man möchte neu erhobene Umweltdaten über Ost-Berlin bekannt machen und in einer frühen Phase der Bearbeitung für das Landschaftsprogramm und die Landschaftsplanung werben. Genutzt werden soll auch der bestehende Zeitvorsprung vor dem Flächennutzungsplan.

Aufgeteilt ist die Ausstellung, die noch bis zum 20. April im Pavillon unter dem Ostberliner Fernsehturm läuft, in vier Hauptteile: in einen allgemeinen, einen »visionären«, einen formellen und einen Werkstattbereich. Nach dem erwähnten Labyrinth findet der Besucher von einem privaten Planungsbüro erstellte Thementafeln zu »Stadt und Naturraum« oder »Stadt und Freiraum«.

Zu Beginn wird dargelegt, daß die Landschaft in besonderem Maße auch die Stadt gliedert. Zwar waren Teltower/Barnimer Platte und Spree-/Havel-Raum schon vorher bekannt, doch daß »Stadtinseln« (wie die Museumsinsel) und »Berliner Fenster« (wie Kaulsdorfer Seen) entstehen, ist neben einer genaueren Untersuchung des Stadtrandes (»Berliner Kranz«) eine neue Sichtweise.

Nicht nur diese gliedernden Räume müssen erhalten werden, erst mit dem gesamten Freiraum »ist die Stadt komplett«. Grünstrukturen, ob am Haus, in der Großsiedlung oder zum Umland hin, müssen »grenzüberschreitend« miteinander verbunden werden.

Ergebnis dieser Überlegungen sind drei »grüne Visionen für Berlin«: erstens die Entwicklung eines grünen »Berliner H's«, zusammengesetzt aus einem aufgewerteten Spreeraum und zwei Nord-Süd- Grünzügen (Panke/Tiergarten/ Gleisdreieck/Teltowkanal und Wuhle-/Johannisthal/Altglienicke), mit späterer Ergänzung zu einem »Berliner Kamm«; zweitens die Anlage eines äußeren Parkringes in Ergänzung des inneren »Volksparkringes«; drittens die Entwicklung eines neben dem Wannsee, dem Müggelsee sowie dem Spandauer Forst vierten Erholungsschwerpunktes, des »Grünen Nordens«, der die märkische Feldmark in Berlin erlebbar machen soll.

Neben diesen Visionen wirken die offiziellen LaPro-Arbeiten der Stadtentwicklungsverwaltung recht zurückhaltend. Doch auch hier erfährt man Neues: So wird nun auch im Osten das fehlende Grünflächenangebot nachgewiesen, und vergessene Erholungskonzepte (wie der Wald- und Wiesengürtel von 1910) erwachen zu neuem Leben.

Was wird von der Ausstellung bleiben?

Unklar bleibt aber die Integration der Grünen Visionen in das Planwerk der Verwaltung. Ganz zu schweigen von den Konflikten mit anderen Planungen, die — wie das »Autobahngutachten« von »regioplan« — teilweise vom selben Senator in Auftrag gegeben wurden.

Trotz und gerade wegen dieser Konflikte ist das Publikumsinteresse an der »Planungswerkstatt« groß. Hier informieren sich Schulklassen, ABM-Projekte und Einzelbesucher besonders aus Ost-Berlin über Planungen vor ihrer Haustür. Genutzt wird diese Infobörse aber auch von Besuchern ohne ein eindeutiges Motiv.

Doch bleibt die Frage, wie es mit den Inhalten dieser gelungenen Ausstellung weitergeht. Zwar wird die noch zu erstellende Broschüre auch die geäußerten Wünsche der Bürger enthalten, dann »geht aber wieder alles seinen sozialistischen Weg« (Rita Mohrmann, Stadtentwicklungsverwaltung). Landschaftsprogramm und Flächennutzungsplan werden zwar zeitgleich aufgestellt, was aber von den Grünen Visionen am Ende übrigbleibt, muß abgewartet werden. Das Interesse ist da, auch bei jemandem, von dem man es nicht erwartet hätte: Eberhard Diepgen schaute rein, allerdings nur für sieben Minuten. Eike Richter