Doch keine Abschiebung

■ 76jährige Türkin klagte mit Erfolg Bleiberecht in Berlin ein

Berlin. Eine Ohrfeige in Sachen Abschiebung hat das Berliner Verwaltungsgericht Innensenator Heckelmann (CDU-nah) verpaßt. Entgegen seiner Entscheidung muß das Landeseinwohneramt laut Gerichtsurteil nun einer 76jährigen Türkin, die unter der Alzheimer-Krankheit leidet, die Aufenthaltserlaubnis in Berlin erteilen. Vor dem Hintergrund der persönlichen Verhältnisse der Türkin, so das Gericht, könne »kein ernsthafter Zweifel« daran bestehen, daß sie nach dem Ausländergesetz Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis habe. Im November war ihr von der Ausländerbehörde die Abschiebung in ihre Heimat angedroht worden, wenn sie nicht binnen eines Monats Berlin verlasse.

Die 76jährige Ayse T. ist im vergangenen September nach Deutschland eingereist. In Berlin wohnt sie bei ihren Töchtern, die beide bereits seit Jahren hier leben. Laut ärztlichem Attest ist Ayse T. gehbehindert und leidet unter der nicht behandelbaren Alzheimer-Krankheit. Außerdem besteht der dringende Verdacht auf eine behandslungsbedürftige Herzschwäche. Bei Alzheimer-Patienten bestehe die beste Versorgung in einem bekannten Umfeld mit konstanten Bezugspersonen, so das Attest. Die Töchter der 76jährigen haben sich bereit erklärt, für alle entstehenden Kosten für ihre Mutter in Berlin aufzukommen. Mit Verweis auf ihren »Verstoß gegen Sichtvermerksvorschriften« (für ihren beabsichtigten Daueraufenthalt hätte Ayse T. ein Visum mit Zustimmung der Berliner Ausländerbehörde benötigt) lehnte das Landeseinwohneramt ihren Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis im vergangenen November ab. Selbst wenn die Töchter für den Unterhalt aufkämen, seien soziale Folgelasten nicht auszuschließen, teilte das Schreiben mit. Außerdem könne Ayse T. auch in ihrer Heimat finanzielle Hilfen ihrer Töchter erhalten. Ein Recht auf Familiennachzug werde ihr demzufolge nicht zugestanden. Eine außergewöhnliche Härte bestehe allein aufgrund ihres Lebensalters nicht. Ayse T. legte vor dem Verwaltungsgericht Widerspruch gegen den Entscheid ein — mit Erfolg.

Angesichts der zunehmenden Pflegebedürftigkeit der alten Frau handle es sich um einen Härtefall im Sinne des Ausländergesetzes, entschied das Gericht. »Ganz offensichtlich« erfülle die Klägerin die Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis. Das Ermessen der Ausländerbehörde, den Antrag abzulehnen, sei »auf Null reduziert«, teilte das Gericht mit. Daß die Klägerin in der Türkei in der erforderlichen Weise betreut werden könne, sei nicht erkennbar. jgo