„Afrikanische Brüder“

■ De Klerk in Nigeria: Südafrikas Isolierung ist zu Ende

Kapstadt (taz) — Südafrikas Präsident Frederik de Klerk ist gestern zu einem offiziellen Besuch in Nigeria eingetroffen. Nigeria, das in der Vergangenheit beim Widerstand Afrikas gegen die Apartheid eine führende Rolle gespielt hat, bahnt damit den Weg zur endgültigen Rehabilitierung Südafrikas in Afrika. Nigerias Präsident Ibrahim Babangida ist zur Zeit Vorsitzender der Organisation für die Einheit Afrikas (OAU). Südafrikas Außenminister Pik Botha sagte am Mittwoch, daß er noch in diesem Jahr nach Einsetzung einer Interimsregierung in Südafrika mit der Aufnahme des Landes in die OAU rechne.

Der Afrikanische Nationalkongreß (ANC) will die diplomatische Isolierung der weißen Minderheitsregierung von de Klerk bis zur Gründung einer Übergangsregierung aufrechterhalten und hat deshalb de Klerks Besuch scharf kritisiert. Aber das Erdölland Nigeria, zusammen mit Südafrika das wohl reichste Lande des afrikanischen Kontinents, hat sich über die Kritik des ANC, eines langjährigen Verbündeten, hinweggesetzt. „Aufgrund des Einflusses, den Nigeria auf dem afrikanischen Kontinent hat, wird dieser Besuch einer der historisch wichtigsten in der Ära nach der Apartheid sein“, sagte Botha. Botha sprach vor der Presse in der nigerianischen Hauptstadt Abuja von seinen „afrikanischen Brüdern“. „Wir sind hier, um gemeinsam eine neue Zukunft für den afrikanischen Kontinent zu planen“, sagte der südafrikanische Außenminister. „Wir müssen unserem Kontinent helfen, gegen ernorme Widerstände zu überleben.“

Südafrika hat seit Beginn des Reformprozesses Anfang 1990 gezielt seine Beziehungen zu afrikanischen Ländern ausgebaut. Handelsbeziehungen, die auch schon zur Zeit der Apartheid unterderhand mit Dutzenden von afrikanischen Ländern bestanden, wurden offiziell besiegelt. Die Elfenbeinküste kündigte diese Woche zudem die Aufnahme vollwertiger diplomatischer Beziehungen mit Südafrika an. Die Ende letzten Jahres in Sambia neu gewählte Regierung unter Frederick Chiluba hat als einen der ersten Schritte eine Handelsmission in Südafrika gegründet. Und im Vorfeld der ersten demokratischen Wahlen in Angola im September hat auch dieses Land eine Annäherung an Südafrika vollzogen. Sogar Simbabwe, lange Zeit der im südlichen Afrika am deutlichsten auf die Isolierung Südafrikas bedachte Staat, hat in jüngster Zeit wieder Kontakte auf Ministerebene zugelassen. Zudem zwingt die schwere Dürre im südlichen Afrika alle Länder der Region zu einer detaillierten Koordinierung von Getreideimporten. Zu diesem Zweck ist in Kürze erstmals eine Konferenz aller Länder der Region geplant, an der auch Südafrika beteiligt sein wird.

Botha hat wiederholt betont, daß er sich die Bildung von vier großen Handelsblöcken in Afrika vorstellt. Dabei soll dem südafrikanischen Außenminister zufolge Südafrika im Süden die führende Rolle übernehmen, während Nigeria in West-, Kenia in Ost- und Ägypten in Nordafrika tonagebend sein sollen. Hans Brandt