Alte Frauen helfen bei der Karriere

■ Das Expertinnen-Beratungsnetz unterstützt Frauen in Fragen zur beruflichen Weichenstellung/ Beraterinnen mit langjähriger Erfahrung in Bereichen wie Handel, Schule oder Industrie

Berlin. Eine junge Ärztin will eine Praxis eröffnen. Sie sucht fachlichen Rat und erntet von männlichen Kollegen nur Schweigen — wo findet sie Tips? Nach einer Kinderpause sucht Regine M. wieder den Einstieg in ihren Beruf als Kauffrau. An wen soll sie sich wenden? Sabine K. hat in letzter Zeit Probleme, sich in ihrem Steuerbüro gegen Kollegen durchzusetzen. Was macht sie falsch? Auf diese und andere Fragen finden Frauen in Berlin ab April qualifizierte Antworten.

Das Expertinnen-Beratungsnetz Berlin wendet sich an Frauen aller Berufsgruppen, die an beruflichen Wendepunkten stehen, und leitet die Ratsuchenden an kompetente Gesprächspartnerinnen aus Bereichen wie Handel, Schule, Industrie oder Wissenschaft weiter. Nach einem Erstgespräch, in dem Vorstellungen und Fragen ausgelotet werden, kann die Initiatorin und Leiterin des Projektes, Margit Rosenthal, eine kostenlose Beratung vermitteln.

Die Schirmherrschaft für das Projekt hat die Präsidentin des Abgeordnetenhauses, Hanna-Renate Laurien übernommen, Geld für Personal- und Sachkosten stellt die Senatsverwaltung für Soziales zur Verfügung. Entstanden ist das Beratungsnetz aus dem Programm »Erfahrungswissen älterer Menschen nutzen«. Beide Gruppen teilen sich jetzt drei neue Räume in einem alten Backsteinhaus im Ostberliner Bezirk Friedrichshain.

Eine ähnliche Einrichtung für ratsuchende Frauen gibt es seit 1990 in Hamburg. Dort haben die drei festen Mitarbeiterinnen mittlerweile über 900 Anfragen bearbeitet. »Wir kooperieren mit den Hamburgerinnen, sind aber kein Ableger wie etwa das Büro in Dresden«, betont Margit Rosenthal. »Und von der Ausstattung können wir zur Zeit nur träumen«, so Rosenthal.

Zwar findet die Senatsverwaltung die Angebote sinnvoll, ist aber wegen der knappen Haushaltsmittel nicht bereit, mehr Geld beizusteuern. »Alt hilft Jung« — dieses Motto ist eine der wichtigsten Grundlagen der Arbeit. Um dem »intergenerativen Ansatz« gerecht zu werden, muß die Expertin, die für den Beratungsdienst tätig wird, bereits aus dem Berufsleben ausgeschieden sein und Distanz haben.

Die meisten gehören der Kriegsgeneration an, die sich in Extremsituationen durchgeboxt und qualifiziert hat. Ihre Lebensbeispiele können beeindruckender sein als manche Managerschulung oder manches Selbstbehauptungstraining. »Gleichzeitig erfährt die Expertin mit dieser Arbeit eine Aufwertung — ihre Kompetenzen werden sichtbar — und sie kann ein Vorbild für jüngere Frauen abgeben«, erklärt Margit Rosenthal die Ziele des Projektes weiter.

Der Vorteil ihres Beratungsangebotes — im Gegensatz zu gängigen Schulungskursen, in denen die berufliche Zukunft entworfen und entsprechendes Verhalten geübt wird — ist das persönliche Gespräch. Jede Frau hat unterschiedliche Stärken und Qualifikationen. Darauf legt Margit Rosenthal großen Wert. »Ich werde nicht eine schüchterne junge Frau an eine dominante Beraterin vermitteln.«

Die Vorgespräche nutzt sie — neben solchen psychologischen Einschätzungen — auch, um die nötige Eigenleistung der ratsuchenden Frauen zu fordern. Wer zu diffuse Vorstellungen über seinen möglichen Berufsweg hat oder gar der Illusion nachhängt, Karriere ohne zeitweise persönliche Einbußen im Privaten planen zu können, wird von Margit Rosenthal gebeten, alles zu überdenken und noch einmal wiederzukommen. »Je klarer die Betreffende Fragen oder Probleme formulieren kann, desto besser können wir darauf eingehen.« Sabina Leichs

Expertinnen-Beratungsnetz Berlin, Georgenkirchstraße 70, 1017 Berlin, Tel. 4383242