Original Language Theatre

■ »Lettice and Lovage« von Peter Shaffer in der Inszenierung des Berliner Grund Theaters bis zum 18. April im Theater am Forum Kreuzberg

Der Zuschauerraum befindet sich im dritten Stock und wirkt wie eine verkleinerte Aula eines Gymnasiums. Und auch die roten Klappstühle aus Holz, die als Bestuhlung dienen, erinnern zunächst nicht an ein Theater. Das Spiel beginnt mitten im Raum: Lettice Douffet (streng gespielt von Christiane Schlote) stellt sich vor eine an die Wand gemalte Tapete und einen gemalten Treppenaufgang, um den Besuchern einige absonderliche Episoden aus der Vergangenheit des »Fustian House« mitzuteilen. Die Schilderung stimmt in keiner Weise mit den tatsächlichen Geschehnissen in diesem langweiligen Landhaus überein. Lettice erzählt, was ihre Phantasie ersinnt, ohne vor Übertreibungen zurückzuschrecken.

So wundert es dann auch nicht, daß die Kündigung durch Frau Lotte Schoen erfolgt. Diese, von Michaela Rieger wunderbar zickig dargestellt, erlaubt — aus Prinzipientreue — keinerlei Abweichungen von den historischen Fakten. Doch die Faszination, die Lettice als ein Kind des Theaters auf Frau Schoen ausübt, bringt diese dazu, Lettice privat zu besuchen. Die beiden Frauen freunden sich an und entdecken ein gemeinsames Hobby: die englische Geschichte. So stellen sie an darauffolgenden Abenden berühmt gewordene Gerichtsverfahren mit dazu gehörigen Hinrichtungen schauspielerisch dar. Lotte verletzt sich dabei mit einer Axt. Es kommt zu einem öffentlichen Verfahren und zum handfesten Skandal. Frau Schoen verliert daraufhin ihren Job.

Das Berliner Grund Theater, das seit mehreren Jahren englischsprachige Stücke erstellt und mit der Produktion Woyzeck beim Edinburgh Fringe Festival zu sehen war, setzt in der Präsentation von Peter Shaffers Lettice and Lovage (Laura und Lotte) voll auf die Kraft der SchauspielerInnen und die Ästhetik der englischen Sprache. Das Spiel ist schnell, ohne künstliche Effekte, und wirkt routiniert. Die mangelhafte Ausstattung an Licht und Bühnentechnik (aufgrund finanzieller Nöte?) wird souverän überspielt. Die Verwendung der englischen Originalsprache gibt diesem Stück eine besondere Qualität. Perfekt englisch sprechen muß man aber nicht, um den Handlungsablauf oder die Dialoge zu verstehen. Und so ist diese von Tony Kingston inszenierte Kammerspielfassung von Lettice and Lovage überzeugend, obwohl alle Rollen zu jung besetzt sind und das Spiel noch ausdrucksstärker sein könnte. York Reich

Lettice and Lovage im Theater Forum Kreuzberg — Werkstattbühne, Eisenbahnstraße 21, ist noch bis 18. April (außer am 12. und 17.) zu sehen, 20 Uhr.