Kongreß überflüssig

■ Einige Angaben zur Zusammensetzung ohne Gewähr

Moskau (taz) — Ob man nicht vorübergehend die Todesstrafe in die neue Verfassung aufnehmen könnte, fragte gestern ein Deputierter des russischen Volksdeputiertenkongresses allen Ernstes. Für ihn schien ein Leben nach dem Tod außer Frage. Er erntete Gelächter. Der bemerkenswerte Beitrag spiegelt nicht unbedingt den Geisteszustand des gesamten Hauses wider. Doch eins läßt sich mit Sicherheit sagen. Es sind nicht die besten Köpfe, die hier sitzen.

Der Kongreß ist noch ein Relikt aus sowjetischen Zeiten. Im Frühjahr 1989 wurde er zum ersten Mal auf Unionsebene gewählt, der russische Kongreß debüttierte 1990. Verfassungsänderungen bleiben ihm allein vorbehalten. Die stärkste Fraktion im russischen Kongreß stellt der Agrarierbund mit 121 Abgeordneten. In der Interessensgruppe „Russische Einheit“ sammelten sich drei Fraktionen mit insgesamt 288 Abgeordneten. Sie zählen zu den härtesten Verfechtern des alten Systems. In dem Block „Schöpferische Kräfte“ (165 Abgeordnete) sitzen die alten Machthaber (die Industrie-Union) und die Gruppe „Smena“. Zum gleichen Kreis gehört auch die Fraktion „Arbeiterbund“. Mit den Wirtschaftsreformen vertritt sie eine tradeunionistische Position. Die demokratischen Kräfte setzen sich aus fünf Fraktionen zusammen mit 284 Deputierten. khd