DIE ENTHÜLLUNG DER WOCHE Von Hans-Georg Behr

Nun muß ich mich allmählich beeilen, sonst habe ich meine Schätze zu lange gehütet und wer anderer macht die Kohle. Eigentlich wollte ich abwarten, bis sich die erste Entrüstungswelle gelegt hat, um dann in die beruhigte Stille einen Donnerschlag zu landen. Aber nun hilft nichts mehr, nun muß ich offenlegen.

Also: Auch ich habe beim großen Geschäft mit den Akten ein Schnittchen abbekommen, ein paar Deckel inhaltsschwerer Belastungen, die ich nur leider — da mir bislang die Klarnamen fehlen — nicht zielsicher abladen kann. Dabei habe ich mir bei ihrem Kauf versichern lassen, sie würden sich glänzend rentieren. Man müßte nur, was in ihnen fehlt, durch saubere Verdächtigungen ersetzen. Warum ich mich doch jetzt schon offenbare: Ich hoffe, jemand aus der weltweiten Leserschaft dieses Blattes hilft mir, aus den Indizien ein paar handliche Keulen zu schmieden, selbstverständlich gegen prozentuelle Beteiligung.

Ein relativ kleiner Fisch scheint noch „IM Fasler“ gewesen zu sein. Aufgrund früherer Kontakte zur (teilweise DDR-gesteuerten) Linken soll er epreßbar sein und gibt sich seither als knallharter Rechter. Als Grenzgänger zum Verfassungsschutz (West) soll er mit Material über die RAF beliefert worden sein, das aber nach Meinung der Stasi teilweise wertlos war. Sein ehemaliger Führungsoffizier behauptet, er sei jetzt großer Enthüller in einem TV- Magazin.

Ein waschechter Ossi soll allerdings „IM Schwärzer“ sein, angeblich ein amtsmüder Pastor aus dem Nordosten, der lange mit einem gewissen „Sekretär“ konkurrierte. Die Rivalität zwischen beiden, eine uralte Geschichte, soll nun die schönsten Blüten treiben, wobei auch immer wieder eine „IM Profilpinsel“ mitmischt. Im Grunde besorgt Schwärzer die Geschäfte des „IM Fett“, eines Wessis, und arbeitet dabei eng mit Schwätzer (siehe unten) zusammen. Hat als Neurotiker früher wie heute durch zu großes Mitteilungsbedürfnis gern für Wirbel gesorgt.

Mein Juwel aber ist „IM Schwätzer“, ein Wessie. Er soll einmal in eine Hasch-Geschichte verwickelt worden sein, obwohl er eher säuft („Jever ist seines Glückes Schmied“). Hatte sehr viele persönliche Kontakte mit Repräsentanten des untergegangenen Systems und noch mehr über Mittelsleute, die ihrerseits Informationen durch die Stasi erhielten. Außerdem hat er einmal pro Woche angebliche Intimitäten aus der Bonner Szene berichten lassen, die dann sorgfältig analysiert und unter „höchst geheim, Quellenschutz“ dem ZK zugeleitet wurden. War wohl für die Stasi, was die NZZ für den BND ist.

Das alles habe ich in Fotokopien, die garantiert echt sind. Allerdings sollen wichtige Aktenteile seinerzeit vom BND in LKWs abtransportiert worden sein und nun für Erpressungen der Belasteten dienen. Die sollen deshalb brav ihre Rollen als besonders eifrige Stasi-Jäger spielen. Bekanntlich waren die schärfsten Kritiker der Elche schließlich einmal selber welche. (Wer hat übrigens meine Akte?)

Um nicht mißverstanden zu werden: Die Konjunktur sorfältig inszenierter und doch ebenso wüster wie banaler Verdächtigungen macht es mir unmöglich, meine Bombe nicht platzen zu lassen. Auch ich will mir am Zeitgeist meine goldene Nase verdienen, und oben erwähnte Unterlagen entsprechen genau dem derzeitigen Niveau. Offerten an...