„Immer cool bleiben“

■ Nach dem 2:0 gegen Brügge fiebert Werder Bremen dem Europacup-Finale der Pokalsieger entgegen

Bremen (taz/dpa) — Über dem 2:0-Sieg von Werder Bremen gegen den FC Brügge im Halbfinale des europäischen Pokalsieger- Wettbewerbs liegt ein Schatten, für den kein Fußballer im Bremer Weserstadion etwas konnte. Zur Anstoßzeit um 20.15Uhr beim Europapokal-Halbfinale feuerte ein bislang unbekannter Mann mit Leuchtspur-Munition in die Westkurve und traf einen 38jährigen Bremer im Herzbereich, der daraufhin mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden mußte. Die Polizei nahm drei Männer aus Ostende fest.

Der Rest aus Bremen ist Jubel. Was selbst das größte Erdbeben in der Region seit 1756 in der Nacht von Sonntag auf Montag nicht geschafft hatte, gelang einem 22jährigen, grün-weiß gekleideten Außenstürmer mit der Rückennummer 11: Marco Bode brachte das Weserstadion zum Wackeln, als er endlich, endlich, endlich ins belgische Tor traf. Gesamtgleichstand für Werder, das eine 0:1-Niederlage aus dem Hinspiel aufzuarbeiten hatte. Nur die Maulwürfe unter dem Rasen nahmen die Erschütterungen um 20.46Uhr mit Bedenken hin, der Rest war Begeisterung.

Bei Werder lief es 90 Minuten konsequent über rechts, und eine von vielen Kombinationen auf dieser Schlagseite brachte dann auch das erlösende zweite Tor. Thomas Wolter schickte Manfred Bockenfeld steil in den 16-Meter-Raum, und der gelernte Außenverteidiger versenkte unhaltbar zum 2:0.

Was dann noch passierte, war für die Kartenzähler und Eckball- Chronisten. Brügge stürmte, was das Zeug hielt, Werder hielt, was ins Zeug stürmte. Daniel Amokachi, Brügges Ballkünstler auf links, rechts und in der Mitte, verging sich dann noch mit gestrecktem Bein an Bremens Torwart Oliver Reck, kassierte die rote Karte und neutralisierte sich so selbst, nachdem die Bremer das 78 Minuten lang nicht geschafft hatten.

Das war die Entscheidung, Bremen darf am 6.Mai im Endspiel von Lissabon gegen seinen Wunschgegner AS Monaco antreten. Die Monegassen qualifizierten sich mit einem 2:2 bei Feyenoord Rotterdam nach Reims, St. Etienne, Bastia und Marseille als fünfte französische Mannschaft überhaupt für ein europäisches Cup-Finale und sehen dem Ereignis mit gewissen Bedenken entgegen. „Wir müssen unsere Komplexe abbauen“, sagte Trainer Arsène Wenger, „den vor dem starken deutschen Fußball und den, daß noch kein französischer Klub einen Europapokal gewann.“

Nach dem 1:1 vom Hinspiel hatte eigentlich niemand mehr einen Pfifferling für Monaco gegeben. Da keine französische TV-Gesellschaft an dem Gastspiel in den Niederlanden interessiert war, gab es nicht einmal eine Fernsehübertragung. So erfuhren die Fans aus den Zeitungen, daß die Akteure des AS Monaco „wie die Prinzen“ ('Parisien‘) gespielt hatten. Ein großes Geschäft wird das Finale für die beiden Teams, die lediglich an den Zuschauereinnahmen beteiligt sind, wohl nicht werden, denn das Interesse an der Partie im 100.000 Menschen fassenden Lissaboner „Stadion des Lichts“ dürfte eher gering sein.

Vor allem für die Bremer geht es jedoch nicht nur „um den größten internationalen Erfolg des SV Werder“ (Trainer Rehhagel), sondern darum, auch fürderhin auf europäischer Ebene mitmischen zu dürfen. „Wenn wir unsere Briefbögen ändern wollen und auch im nächsten Jahr ins Ausland reisen möchten, dann ist ein Sieg in Portugal unsere Pflicht“, sagte Manager Willi Lemke, der nach dem Spiel ein zweigestrichenes „C“ intonierte, das sogar das Beben im Stadion noch übertraf.

Der Finaleinzug war aber nicht nur ein Vereinserfolg, Bremens Trainer Otto Rehhagel, seit dem Dauertief seiner Mannschaft in der Bundesliga und dem Ausscheiden aus dem DFB-Pokal gegen Hannover 96 sogar im krisensicheren Bremen umstritten, sitzt jetzt wieder fest im Sattel und analysierte knapp: „Super gekämpft, super gespielt, und immer cool bleiben.“

Und noch einer war besonders glücklich. Torsten Legat gewann dem Triumph einen ganz persönlichen Aspekt ab: „Ich, der Bochumer, in einem Cupfinale, das ist Wahnsinn.“ Markus Daschner

Abschlußtabelle: 1. Genua 8:4 Punkte; 2. Belgrad 6:6; 3. Anderlecht 6:6; 4. Athen 4:8

Gruppe B:

Abschlußtabelle: 1. Barcelona 9:3; 2. Prag 6:6; 3. Lissabon 5:7; 4. Kiew 4:8

Finale am 20. Mai in London: Sampdoria Genua - FC Barcelona

POKALSIEGER, Halbfinal-Rückspiele:

Finale am 6. Mai in Lissabon:

UEFA-CUP, Halbfinal-Rückspiele:

Finale am 29. April und 13. Mai:

LANDESMEISTER, Gruppe A:

RSC Anderlecht - Roter Stern Belgrad3:2

Sampdoria Genua - Pan. Athen1:1

FC Barcelona - Benfica Lissabon2:1

Dynamo Kiew - Sparta Prag1:0

Bremen - Brügge2:0 (Hinspiel: 0:1)

Fey. Rotterdam - AS Monaco2:2 (1:1)

Werder Bremen - AS Monaco

Ajax Amsterdam - FC Genua1:1 (3:2)

AC Turin - Real Madrid2:0 (1:2)

Ajax Amsterdam - FC Turin