Arabische Staaten halten Sanktionen ein

Zwei Tage nach Inkrafttreten der Libyen-Resolution werden die Sanktionen weitgehend befolgt/ Verdächtige Libyer erwägen, sich selbst zu stellen / Gaddafi plant offenbar Reise nach Kairo  ■ Aus Kairo Karim El-Gawhary

Die UN-Resolution 748 gegen Libyen scheint zwei Tage nach ihrem Inkrafttreten weitgehend befolgt zu werden. Gemäß dem Beschluß des UN-Sicherheitsrates muß der Flugverkehr von und nach Libyen eingestellt werden, das libysche diplomatische Corps reduziert und Waffenlieferungen in das nordafrikanische Land unterbunden werden.

Noch am Mittwoch herrschte Chaos im libyschen Luftraum. Mehrere Maschinen der libyschen Fluggesellschaft machten sich auf den Weg zu ihren planmäßigen Zielen und mußten aufgrund der verweigerten Landeerlaubnis wieder zurückkehren. Die massenhafte Ausreise von Ausländern erfolgte vor allem auf dem Landweg. Die Bundesrepublik, Frankreich, Italien, Schweden, Belgien, die Tschechoslowakei und Japan haben inzwischen begonnen, einen Teil der libyschen Diplomaten auszuweisen. Libyen hat im Gegenzug einen Teil der Diplomaten dieser Länder ausgewiesen.

Der UN-Sicherheitsrat hat derweil ein Komitee zur Überwachung der Sanktionen gegründet. Die Sanktionen werden weitgehend auch von arabischen Ländern, einschließlich der unmittelbaren Nachbarn Libyens, Ägypten und Tunesien, befolgt. Nur der Irak und Sudan verweigern die Einhaltung des UN-Beschlusses. Ägypten forderte eine Klärung, ob die Maschinen ägyptischer und libyscher Politiker ebenfalls dem Flugboykott unterliegen. In New York hieß es, Muammar el Gaddafi wolle nach Kairo fliegen, um mit dem ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak über eine Beilegung der Krise zu sprechen. Dies wurde allerdings von einem hohen Beamten des Außenministeriums in Kairo dementiert.

Zum ersten Mal meldete sich auch der Anwalt der beiden Verdächtigten zu Wort. Er erklärte in einem BBC- Interview, die beiden wären unter Umständen bereit, sich selbst einem Gericht in Schottland oder in den USA zu stellen. Voraussetzung dafür sei jedoch die Garantie für einen fairen Prozeß. Zudem müsse die Auslieferung von einem richterlichen Komitee und nicht von den Geheimdiensten durchgeführt werden.

Die „Internationale Vereinigung Arabischer Gewerkschaften“ drohte am Montag nach einem Treffen in Tripolis mit einem Boykott von britischen, französischen und US-Flugzeugen auf arabischen Flughäfen.

Der Vorsitzende der Arabischen Liga, Abdel Meguid, äußerte sich in Kairo erneut über eine Auslieferung der beiden Männer, die angeblich in die Lockerbie-Affäre verwickelt sind. Er lehnte dabei eine Auslieferung an irgendeine Seite, die unmittelbar in die Krise verwickelt ist, ab. Damit unterstützte er die bisherige Ablehnung Libyens, die beiden Männern an die USA, Großbritannien oder Frankreich auszuliefern.

In Washington erklärte unterdessen ein hochrangiger Beamter des US-Außenministeriums, daß eine Auslieferung der beiden Männer die Libyen-Krise nicht beende. Auch die beiden anderen Punkte der Resolution müßten erfüllt werden: Die generelle Nichtunterstützung des internationalen Terrorismus und die Zahlung einer Entschädigung für die Angehörigen der Lockerbie-Opfer. Er fügte hinzu, daß die Libyer eine solche Entschädigung akzeptieren müssen, bevor die Angeklagten verurteilt sind, weil die USA davon ausgehe, daß Libyen mit dieser Tat in Verbindung steht. Weitere Sanktionen schloß er nicht aus, auch gegen Staaten, die die Sanktionsbeschlüsse gegen Libyen verletzten.