„Hamburg“ nagt am Bremer Umland

■ CDU-Mehrheit im Kreis Rotenburg will Bremen-Kontakte nicht mehr „ausbauen“

Wer in Rotenburg in den Eilzug steigt, ist nach 24 Minuten in Bremen. Nach Hamburg dauert die Fahrt mehr als das doppelte. Dennoch fühlt sich das Landkreis stärker an die Elbe hingezogen: nahezu einstimmig beschlossen die 47 Kreistagsvertreter gestern, sich in einem Europa der Regionen der „Monopolregion Hamburg“ und nicht der Region „Bremen/Oldenburg“ anzuschließen. Ein abmildernder Zusatz, die Beziehungen mit Bremen sollen dennoch „ausgebaut“ werden, wurde mit dem Block der CDU-Stimmen abgelehnt. Zwischen Sittensen und Sottrum wollen die CDU- Vertreter mit Bremen nur „insoweit zusammenarbeiten, als es beiderseitige Verflechtungen gibt“.

Was so nach Osten zieht, sind „Wirtschaftskraft“, „Finanzkraft“, Entwicklungschancen“ Hamburgs. Viele Betriebe hätten sich „in aller Stille“ schon nach Hamburg orientiert, erklärte der CDU-Fraktionsvorsitzende Weigel, und Hamburg würde „eindeutig vor Bremen“ liegen, wenn Europa in Zukunft nach Norden und Osten wächst.

Der Bremer Staatsrat für Stadtentwicklung, Uwe Lahl, warb für die gewachsenen Strukturen zwi

schen Bremen und seinem niedersächsischen Umland und warnte davor, die „Gemeinsame Landesplanung“ Bremen/Niedersachsen, in die der Landkreis Rotenburg einbezogen sei, zu zerstören. Oberkreisdirektor Blume hatte aber vorsorglich eine Tischvorlage verteilen lassen, aus der die Zahlungen der „Gemeinsamen Landesplanung“ Bremens denen Hamburgs gegenübergestellt waren: 1,25 Millionen für rund 110.000 betroffene Einwohner standen da auf der Bremer Seite, 7,55 Millionen für rd. 28.000 Einwohner auf der Seite Hamburgs. Lahl mußte da passen. Auf dieser Ebene nahe an der Käuflichkeit wolle er nicht debattieren, argumentierte er, aber die Kreistagsabgeordneten höreten schon nicht mehr zu. Ein Kreistagsabgeordneter fragte nach, ob im Haushalt denn jetzt mehr für die Gemeinsame Landesplanung eingesetzt sei. Lahl verwandte in seiner gewundenen Antwort die Worte „summa summarum", sagte aber die Summe nicht.

Für die SPD-Fraktion versuchte Friedhelm Helberg aus Nartum, Amtsrichter in Osterholz-Scharmbeck, Gegenargumente noch einmal vorzutragen: Ein Teil des Keises liegt viel zu

weit weg von Hamburg, um mehr als „Hinterhof“ werden zu können, erklärte er. Daß Hamburger Steuergroschen nach Sottrum und Gnarrenburg vergeben würden, sei unwahrscheinlich, ein Zusammengehen mit Bremen ermögliche vielleicht aber die Teilhabe an Brüsseler Subventions-Töpfen.

Welche Probleme des Landkreises durch die Definition zur Hamburger „Region“ denn gelöst werden sollten, fragte er die Kreistagsabgeordneten. Das weiß heute niemand, das hatte auch Oberkreisdirektor Blume niemandem versprochen. Die Debatte war dem Kreistag von der Landesregierung aufgezwungen worden: Wenn sich Rotenburg nicht eindeutig orientiert, dann könnte es irgendwann zwischen einer Region Hamburg und einer Region Bremen aufgeteilt werden, warnte der Oberkreisdirektor. Sein Posten würde geschwächt, vielleicht überflüssig.

Ob die Entscheidung des Kreistages Rotenburg in fünf oder fünfzehn Jahren praktische Auswirkungen haben wird, vermag heute niemand zu sagen. Für alle Fälle klar ist jedoch, daß Rotenburg auf der starken Seite stehen will. Zu den Sitzungen der "Gemeinsamen Landesplanung" mit Bremen sind die Rotenburger Vertreter eh seit einem halben Jahr schon nicht mehr gekommen. K.W.