Schiefe Wände, Türen und Decken

■ Die Mieter im Neubau in der Gubener Straße in Friedrichshain müssen mit improvisierten Wohnungen vorliebnehmen/ Höhenunterschiede der Decke von acht Zentimetern und viel zu teure Mieten

Friedrichshain. Der Ärger um einen Neubau in der Gubener Straße nimmt kein Ende. Erst stand der Komplex mit den Hausnummern 7/8 fast zwei Jahre leer, dann stritten sich Senat, Bezirk und Wohnungsbaugesellschaft über die Miethöhe. Jetzt wehren sich die MieterInnen gegen Baumängel, zu hohe Mieten und falsche Mietverträge.

Zur Chronologie: 1985 begannen die Bauarbeiten, 1990 wurde das Gebäude fertiggestellt. Dann standen die rund 40 Wohnungen erst einmal leer, da niemand wußte, wie hoch die Miete sein durfte. Schließlich startete die Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain (WBF) »Regressionsarbeiten«, um die Wohnungen auf »Weststandard« zu bringen. Fußböden, Balkone und Versorgungsleitungen wurden ausgewechselt. Im Januar dieses Jahres zogen dann die ersten MieterInnen ein. Inzwischen sind alle Wohnungen vermietet.

Obwohl etliche Mängel schon vor dem Bezug bekannt waren, wurden sie nur ungenügend beseitigt. Die WBF nahm schließlich den Bau ab. Ein Mieter stellte inzwischen einen Höhenunterschied von acht Zentimetern in einem Zimmer seiner Wohnung fest. »Außerdem wurden auf die alten Fußböden einfach neue gelegt. Der Boden ist so wellig, daß kein Schrank aufgestellt werden kann«, erklären BewohnerInnen. Zudem bekam eine vierköpfige Familie eine neue Wohnungstür, weil die alte aufgrund der schiefen Wände nicht schloß.

Staffelmieten — was ungewöhnlich ist

»Selbst wenn sie geschlossen war, konnte man durch einen Spalt greifen.« Birgit Stötzer von der WBF wiegelt ab: »Der Bau wurde korrekt abgenommen. Alle Baumängel wurden beseitigt. Mängel, die jetzt aufgetreten sind, müssen später entstanden sein.« Die Betroffenen sollten sich melden.

Grund für weitere Wirren über die Miethöhe sind Gesetzeslücken durch den Einigungsvertrag. Der Bau wurde zuerst aus den Mitteln des DDR-Haushalts »anfinanziert«. »Über eine ‘Zwischenfinanzierung‚ durch die Wohnungsbau-Kreditanstalt wurden die Wohnungen nach dem 3. Oktober 1990 fertiggestellt«, erklärte Bausenator Nagel (SPD) auf eine kleine Anfrage im Abgeordnetenhaus.

Die Finanzierung aus DDR-Zeiten müßte jetzt anerkannt werden, damit die Miethöhe feststeht. Damit müßten aber auch alle Schulden übernommen werden.

»Die Mietparteien haben unterschiedliche Verträge bekommen«, beklagt Frank Bertermann von der Berliner MieterGemeinschaft (BMG). Einmal sei das Haus als freifinanzierter, einmal als sozialer Wohnungsbau ausgewiesen. Der Mietzins sei aber gleich: 4 Mark Kaltmiete plus 5,20 Mark Betriebskosten pro Quadratmeter. »Viel zu hoch für Ost-Berlin«, erklärt Bertermann. »Erlaubt sind rund 7,70 Mark.« Obendrein seien Staffelmieten mit den MieterInnen vereinbart worden, »was mehr als ungewöhnlich ist«, sagt der BMG-Vertreter. So steigen die Mieten jährlich um 50 Pfennig pro Quadratmeter.

Herunter auf das Maß des Erlaubten

Die Senatsbauverwaltung hat inzwischen veranlaßt, »daß die WBF die Mieten auf das Maß des Erlaubten zurückschraubt und zuviel erhobene Mieten zurückzahlt«. Davon haben die MieterInnen noch nichts bemerkt. »Wir werden die Mieter in die Geschäftsstelle bitten, wo eine Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag unterzeichnet werden soll«, kündigt Birgit Stötzer an. Die Staffelmieten würden zurückgenommen und die Mietverträge korrigiert. Künftige Miete: 2,55 Mark kalt und 6,20 Mark Nebenkosten. Stephan Balig