SOMNAMBOULEVARD — ICH GLAUBE AN E.T.s! Von Micky Remann

Kennst du dieses Gefühl — oder den vagen Eindruck—, daß jemand durch deinen Traum stapft, der einer völlig anderen Gattung angehört als du? So als ob Wesenheiten Zutritt zu deiner Dimension hätten, bei denen unklar ist, ob sie fremdartige Untermieter oder die versteckten Betreiber des Somnaboulevards sind?

E.T.s im Traum galten lange als unseriös, bis sich herausstellte, daß die Abkürzung nicht „Extra-Terrestrier“, sondern „Extra-Traumestrier“ bedeutet, also unidentifizierte, außertraumische Wesen, die dennoch mitten im Traum landen.

Was uns fragen läßt: Kann es im Traum Besucher aus einem anderen Zustand als dem des Traumes geben? Und wo sind die Beweise? Wie im Leben, so sind auch hier auf dem Somnaboulevard viele Skeptiker heimisch, die nicht rasten noch ruhen, bis sie einen Beweis für ihre Skepsis gefunden haben.

Das mag sehr vernünftig sein, aber was machst du, wenn, wie gerade jetzt der Fall, vor dir so ein E.T. oder der Eindruck eines E.T.s steht und dich aus unbewegtem Munde telepathisch fragt: „Kollege, geht deine Skepsis auch so weit, daß du deiner eigenen Skepsis gegenüber genauso skeptisch sein kannst, wie du es mir gegenüber bist?“

Was soll ich darauf antworten? Hast du einen Vorschlag? Der E.T. sieht übrigens manchmal aus wie ein mausgrauer Opel-Kadett mit eidechsenartiger Sonnenbrille und im nächsten Augenblick wie ein leuchtender Engel im transzendenten Jesusmobil. Den in allen Regenbogenfarben glitzernden Besucher bitte ich nun, mir zu sagen, ob ich ihn mir womöglich einbilde? „Selbsttäuschung ist der Weg zur Befreiung. Amen. Aber eine Kartoffel braucht 30 Minuten, bis sie gar ist“, entgegnet er sibyllinisch.

„Wie soll ich das bitte verstehen?“, will ich wissen. „Ganz einfach“, sagt der Kumpel aus dem Kosmos: „Ich habe deine mentalen Filter und Sinnesraster erst gehörig weichkochen müssen, um sie für die Wahrnehmung meiner Existenz durchlässig zu machen.“ Hmmm. „Falls ich das verstehen würde“, frage ich da nach, „woher weiß ich, ob ich es auch glauben kann?“ „Das mußt du schon selber entscheiden“, grinst der E.T. holographisch und fährt fort: „Angenommen du glaubst, es gibt mich? Dann kannst du mich ja in dieselbe Kategorie stecken wie ein Atom. Niemand hat je eins zu fassen bekommen, alle glauben, es existiert. Andererseits, wenn du bestreitest, daß es mich gibt, dann glaubst du eben an die Kraft der existentialistischen Leugnung. Etwas glaubst du also immer, du kannst nicht nicht glauben.

Als man uns E.T.s einst vor die Wahl stellte, entweder nichts oder alles zu glauben, haben wir uns für letzteres entschieden. Nicht, weil das besonders wahr ist, sondern weil man damit mehr vom Leben hat. Oder meinst du, ich hätte dich hier treffen können und gleichzeitig bestreiten, daß es dich gibt?

Merke: ,Glauben‘ ist ein extra- traumestrisches Werkzeug. Du sollst es gebrauchen — aber nicht dran glauben.“