Unsere Freuden

■ 'art‘ liest taz, taz liest zurück

Ja, auch uns erschleicht gelegentlich das Gefühl, daß die Tage vorbeibrausen, die Themen verrauchen und von der Arbeit nicht viel mehr bleibt als die Strahlung des Bildschirms auf der Haut.

Und dann die kleinen Freuden. Aufgebrachte Leserbriefe, die widerlegen, was wir nie behauptet hatten, freundliche Anfragen ausländischer Zeitungen um die Genehmigung des Nachdrucks, lobende Zurufe der KollegInnen.

Diesen Monat war es die Hamburger Kunstzeitschrift 'art‘, die uns besondere Freude machte. Wohl niemand hatte den Kulturteil der taz so genau gelesen wie Chefredakteur Axel Hecht. Ziemlich genau am 6.März muß sein aufgeschlossenes Auge auf uns gefallen sein; ziemlich genau, als es Zeit wurde, das Editorial für die Aprilausgabe zu verfassen. An diesem 6.März nämlich hatten wir Stefan Koldehoffs Bericht über die Van- Gogh-Forschungsgruppe im Rijksmuseum Amsterdam gedruckt, unter deren strengem Blick das Werk des großen Holländers, wenn nicht rasend, so doch beständig schrumpft. „An eine Veröffentlichung in Buchform“, hatte unser Autor seinen Bericht ergänzt, „ist frühestens in zehn Jahren gedacht.“ Es gab keine Pressekonferenz und keinen Katalog. Was Koldehoff schrieb, hatte er selbst recherchiert. Und was Hecht schrieb, hatte er zumindest gelesen. So gut gefiel ihm unser Text, daß er gleich den Rahmenbau, den Vergleich mit dem ebenfalls schrumpfenden Oeuvre Rembrandts, mit übernahm. So sehr vertraute er auf die Verläßlichkeit unseres Rechercheurs, daß Hecht auch dessen Tippfehler: 744 Bilder seien einst Rembrandt zugeschrieben worden, dem 'art‘-Leser zum Besserwissen überließ. Uns zum Beispiel: 774 lautet die Zahl korrekt.

Jeder weiß, warum Lokalzeitungen in aller Welt grinsende Glatzköpfe mit Pokalen zeigen: „Leser- Blatt-Bindung“ heißt das Geheimnis. In diesem Sinne verstehen wir auch die freundliche Einladung von 'art‘ zur Präsentation der Mai- Nummer. Heute um elf Uhr hofft die Chefredaktion, mit uns „bei einem Kaffee oder einem Glas Wein“ über das Resultat ihrer Arbeit diskutieren zu dürfen. Zum zweiten Mal ist das Thema von 'art‘ Berlin: „Wiederholungen bringen nichts Neues“, heißt es provokant in der Einladung zum Umtrunk, aber die Selbstkritik hätte nicht müssen sein: „In der Wiederholung liegt der Genuß“ (Raymond Radiguet). uez