Gemeindewahlen in den besetzten Gebieten

Tel Aviv (taz) — Wenige Tage vor dem Beginn der fünften Runde der Nahost-Friedensgespräche wurde ein neuer Vorschlag der Israelis für eine Selbstverwaltung der Palästinenser bekannt. Die Verhandlungen sollen am Montag in Washington beginnen. Nach Angaben aus Regierungskreisen in Jerusalem will die israelische Delegation in Washington einen Vorschlag für Gemeindewahlen in den besetzten Gebieten unterbreiten. Das für die Gebiete zuständige israelische Verteidigungsministerium stimmte bereits zu. Allerdings ist nicht klar, ob es in Washington tatsächlich zu Diskussionen über den Vorschlag kommen wird. Bisher konnten sich die Beteiligten nicht einmal über die Tagesordnung einigen. Innerhalb des regierenden israelischen Likud-Blocks wird kein Geheimnis daraus gemacht, daß man den Vorschlag als Versuchsballon einsetzt, um Gesamtwahlen für die besetzten Gebiete zu umgehen.

Die letzten Wahlen dieser Art wurden 1976 abgehalten. Die meisten der damals gewählten palästinensischen Bürgermeister wurden kurz danach von den israelischen Besatzern wieder abgesetzt, weil sie als zu PLO-nah galten. Der abgesetzte Bürgermeister von Hebron, Mustafa Natsche, hält die jetzt angebotenen Wahlen für einen Versuch, die Forderung der Palästinenser in den besetzten Gebieten nach allgemeinen Wahlen zu einem 180köpfigen Verwaltungsrat zu entkräften. Allerdings, räumt Natsche ein, scheine auch die PLO-Führung in Tunis den Gedanken an Gemeindewahlen zu begrüßen. „Vielleicht“, so der geschaßte Bürgermeister, „weil ein allgemein gewählter Verwaltungsrat die Vormachtstellung der PLO zu untergraben droht.“ Der Leiter der palästinensischen Delegation, Dr. Haidar Abdel Schafi, erklärte zu dem Angebot: „Alle Vorschläge für Gemeindewahlen untergraben unsere Position bei den Verhandlungen.“

Während der Verlauf der fünften Verhandlungsrunde noch nicht abzusehen ist, steht der Tagungsort für die sechste Runde schon fest. Nach Angaben der US-Regierung erklärten sich alle Beteiligten bereit, in Rom zusammenzutreffen. Aus Israel wurde signalisiert, daß man auch weiteren Verhandlungen vor den Parlamentswahlen am 23. Juni zustimmen würde. Ob aber, wie geplant, noch im Mai multilaterale Gespräche zu verschiedenen Themen in verschiedenen Staaten stattfinden werden, ist ungewiß. Israel hat angedroht, zwei der insgesamt fünf Arbeitsgruppen zu boykottieren. Von arabischer Seite war angekündigt worden, an den Konferenzen zu den Themen „Wirtschaftsentwicklung“ und „Flüchtlinge“ auch Palästinenser aus dem Ausland zu beteiligen. Amos Wollin