Die obskure Definition von Vielfalt

■ Kommerzfunk-Bilanz: Hans Hege, Direktor des Privatfunk-Aufsichtsgremiums, lobt den Kabelrat nach sieben Jahren heftig/ Heute steht die letzte große Entscheidung an: Die Privatisierung von RIAS 2

Berlin. Als schwierigste Aufgabe in der Geschichte des Kabelrates hat der Direktor des Privatfunk-Aufsichtsgremiums, Hans Hege, die Entscheidung zu RIAS 2 gewertet. Hege hofft, daß der Kabelrat auf seiner vorläufig letzten Sitzung nach über sieben Jahren heute endgültig darüber beschließen kann. Der Kabelrat wird bald von einem gemeinsamen Medienrat der Länder Berlin und Brandenburg abgelöst werden.

Die Aufgabe der Privatisierung von RIAS 2 sei vergleichbar mit denen der Treuhandarbeit, meinte Hege gestern gegenüber der Nachrichtenagentur 'adn‘. Auf der heutigen Sitzung gehe es dabei um den Ausgleich des Wettbewerbsvorteils, den das erfolgreiche, bislang staatsfinanzierte Programm bei der Privatisierung mitbringe. Daher müsse der Kabelrat Werbebeschränkungen festlegen. Gestern meldete sich auch der RIAS-Betriebsrat in Sachen Privatisierung: Der Name RIAS 2 dürfe keinesfalls von den kommerziellen Anbietern übernommen werden.

Die über siebenjährige Arbeit des Kabelrats bewertete Hege als erfolgreich. So habe beispielsweise das erfolgreiche Hundert,6-Radio seine Frequenzen bekommen. Als »Fehlentscheidung« habe sich letztlich die Frequenzvergabe an das alternative Radio 100 erwiesen, das aus wirtschaftlichen Gründen aus dem Rennen schied. Hier habe der Rat jedoch versucht — so Heges gewagte Behauptung —, für eine »Vielfalt« im Hörfunkbereich zu sorgen, um auch das zu bringen, was andere auslassen [Energy und RTL? d.R.]. Er zeigte sich überzeugt, daß immer mehr spezielle Programme entstehen werden, wie etwa das vom Kabelrat zugelassene Info-Radio.

Die Vergabe neuer Fernsehfrequenzen, so Hege, werde der neue Medienrat zu entscheiden haben. »Mit Blick auf die Angebote von ORB und SFB« müsse überlegt werden, ob die vierte Fernsehfrequenz nicht besser durch Private zu nutzen sei. Für die zu vergebenden zwei neuen TV-Frequenzen liegen derzeit Angebote von FAB, der Hundert,6 TV GmbH (u.a. Klingbeil), der Schamoni TV GmbH und RTL plus, Tele 5 oder Pro 7 vor.

Überlegenswert ist Hege zufolge für den Raum Berlin-Brandenburg außerdem die Frage von Rundfunkprogrammen für die ständig wachsende Zahl der Ausländer. Für die ethnischen Minderheiten müsse im Hörfunkbereich mehr getan werden. Er sehe dies aber eher als Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Anstalten, da Fremdsprachenprogramme schwer aus Werbung zu finanzieren seien. Der Hintergrund: Nachdem der SFB die Fremdsprachenprogramme auf die Mittelwelle abgeschoben hatte und der Kommerzsender Energy seine muttersprachlichen Programme vom Sender kippte, steht Berlin momentan ohne solcherlei Angebote auf UKW da. adn/kotte