Rußlanddeutsche sollen bleiben, wo sie sind

Berlin (taz) — Der Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung, Horst Waffenschmidt (CDU), wurde deutlich. „Die Bundesregierung will, daß möglichst viele Rußlanddeutsche eine Chance für ihre Zukunft in Rußland erkennen.“ Nach der gestern in Bonn beendeten konstituierenden Sitzung der deutsch-russischen Regierungskommission für die Rußlanddeutschen hat der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium zum wiederholten Male die 2,5 Millionen Deutschstämmigen in der ehemaligen Sowjetunion aufgefordert, von einer Ausreise in die Bundesrepublik Abstand zu nehmen. Waffenschmidt verband seine dringende Aufforderung an die Rußlanddeutschen, zu bleiben, wo sie sind, mit wiederholten Hilfszusagen des Bundes für Projekte in ihren Hauptsiedlungsgebieten und ihre Selbstverwaltung. Finanzielle Hilfestellung — im Bundeshaushalt sind dafür 100 Millionen Mark ausgewiesen — werde es aber, drohte der Aussiedlerbeauftragte, nur in dem Maße geben, wie tatsächlich Rußlanddeutsche auch die Absicht hätten, in ihren Siedlungsschwerpunkten zu bleiben oder dort zu siedeln. Gleichzeitig machte der Innenstaatssekretär die deutsche Minderheit in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten mitverantwortlich für die widersprüchliche Haltung Boris Jelzins bei der Schaffung einer deutschen Wolgarepublik. „Was aus den Angeboten der russischen Regierung wird, hängt entscheidend von den Rußlanddeutschen und ihrer Mitarbeit ab.“ Der russische Präsident war vor Protesten der russischen Bevölkerung an der Wolga zurückgeschreckt und hatte eine Ende 1991 in Bonn getroffene Vereinbarung über den Aufbau einer autonomen deutschen Wolgarepublik erst einmal auf die lange Bank geschoben.

Gestern erklärte nun der russische Minderheitenminister Valeri Tischkow, seine Regierung halte an der Vereinbarung fest, die allerdings nicht von oben verordnet werden könne, sondern schrittweise „demokratisch“ realisiert werden müsse. Noch müßten an der Wolga russische Widerstände überwunden werden. bg