Minsker Regierung plant zwei AKWs

■ Kongreß der „Stiftung der Kinder von Tschernobyl“ protestiert

Die rund 200 TeilnehmerInnen des Kongresses „Die Welt nach Tschernobyl“ der Stiftung „Den Kindern von Tschernobyl“ Mitte April in der belorussischen Hauptstadt Minsk waren alarmiert: Staatspräsident Schuschkjewitsch hob bei einem Gespräch mit KongreßbesucherInnen die angebliche Notwendigkeit von Atomkraftwerken in Belorußland hervor und ließ an deren geplantem Bau keinen Zweifel.

Seine Argumente klangen wie jene der westlichen AtomkraftbefürworterInnen: Atomenergie sei die sauberste. Da Belorußland über „fast keine eigenen Rohstoffe“ verfüge, bleibe der Regierung keine andere Möglichkeit, als auf die Atomenergie zurückzugreifen. „Ich habe in Deutschland und Frankreich gesehen, daß Atomkraftwerke auch sicher betrieben werden können“, versuchte Schuschkjewitsch seine Gäste zu besänftigen.

In einer Resolution forderten die KongreßteilnehmerInnen, „diesen undemokratischen Beschluß sofort aufzuheben“. Und sie riefen in einem „Appell an die Völker der Welt“ Parlamentspräsidenten, Deputierte und die EG dazu auf, „nicht zuzulassen, daß in Belorußland Atomkraftwerke erstellt werden“.

Monika Vogt, Vorsitzende des Vereins „Kinder von Tschernobyl“ in Neuenkirchen bei Bremen besuchte während des Kongresses die 6.000-Menschen-Siedlung Druschni, rund eine Autostunde von Minsk entfernt, wo eines der neuen Atomkraftwerke gebaut werden soll. Die damalige Regierung hatte schon einmal versucht, den Bau durchzusetzen, scheiterte zunächst aber an Protesten aus der Bevölkerung. Dort leben jetzt auch Menschen aus dem Dorf Pripjat, das kurz nach der Tschernobyl-Katastrophe evakuiert worden war. Vogt berichtete: „Die soziale Verelendung ist groß. Die Leute wissen einfach keinen Ausweg mehr. Sie wollen das Atomkraftwerk, um endlich wieder arbeiten zu können.“

Und noch etwas beunruhigte die TeilnehmerInnen des Kongresses: Erika Schuchard, Mitglied des Weltkirchenrates, konnte Belorußlands Staatspräsidenten Schuschkjewitsch mit Fragen löchern, wie sie wollte. Er bestätigte nicht, was Schuchard von des Präsidenten Untergebenen zu hören bekam und was auch der taz bestätigt wurde: Die belorussische Regierung will Auslandsaufenthalte der Kinder, die unter den Folgen des Atom-GAUs von Tschernobyl leiden, in Zukunft selbst in die Hand nehmen. Im Klartext: Organisation und Entscheidung, wer fährt, liegen in der Hand der Behörden.

Die einheimischen Tschernobyl- Initiativen sind bei der Regierung nicht gerade beliebt. Sie machten „im Westen nur ihre Geschäfte“, begründete der stellvertretende Vorsitzende der Kommission zur Beseitigung der Folgen von Tschernobyl beim Minsker Sowjet, Georgi Panjkow, die anstehenden Maßnahmen. Und er setzte gleich noch eins oben drauf: „Wenn ganz Weißrußland so handeln würde, wie diese Organisationen, wäre die ganze Republik bald im Ausland.“ Ulf Buschmann, Minsk