Kirche muß ein Drittel entlassen

■ Berlin-Brandenburgische Synode beschließt drastische Einsparungen/ Gemeinden protestieren

Berlin. Ein neues Finanzsystem und der Bericht des Stasi-Untersuchungsausschusses waren gestern die bestimmenden Themen auf der Berlin-Brandenburgischen Synode. Das einheitliche Finanzsystem war nach der Vereinigung der Ost- und der Westregion der evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg notwendig geworden. Es sollte zudem den enger werdenden finanziellen Möglichkeiten Rechnung tragen, die die Einsparung eines Drittels der derzeit rund 3.600 kirchlichen Mitarbeiter erfordern, so die Einschätzung der Kirchenleitung.

Diese sei nicht anders als die Gemeinden »ratlos«, wie das praktisch bewerkstelligt werden könne, sagte Kirchenleitungsmitglied Arnold Esselbach. Die Einsparung, die die Struktur tiefgreifend verändere, werde zweifellos große Schäden anrichten.

Welch große Aufmerksamkeit die Gemeinden dieser Thematik beimessen, zeigten neben der heftigen Synodaldebatte die mehr als 150 im Vorfeld eingegangenen Stellungnahmen aus fünfzig der insgesamt sechzig Kirchenkreise. Darin werde zum Teil »starkes Unbehagen« über die Eile geäußert, mit der die Kirchenleitung die Verabschiedung des Gesetzes betreibe, räumte Esselbach ein.

Ein Aufschieben werde die finanzielle Situation jedoch nicht verbessern. Die Kirche erhalte jetzt »die Quittung« dafür, daß sie im Osten immer mit Zuschüssen und im Westen über ihre Verhältnisse gelebt habe.

An zweiter Stelle der Tagesordnung hörten die mehr als 200 Synodalen den ersten Bericht des Stasi- Überprüfungsausschusses. Der Ausschußvorsitzende Joachim Klasse bewertete die Arbeit seines Gremiums als erfolgreich. 90 Prozent der 560 an Kirchenleitungsmitglieder, Synodale und Konsistoriumsmitarbeiter versandten Fragebogen seien zurückgesandt worden. Inzwischen habe der Ausschuß die Überprüfung der Kirchen- und Verwaltungsleitung durch die Gauck-Behörde beantragt. Auskunft gebe es aber erst in einem einzigen Fall. Der Synode liegt jetzt ein Gesetzentwurf vor, der die künftige Arbeit des Ausschusses verbindlich regeln soll. Nach seiner Annahme wäre es in Zukunft möglich, auch über in den Ruhestand getretene kirchliche Mitarbeiter Auskünfte bei der Gauck-Behörde einzuholen.

Bischof Martin Kruse betonte gegenüber der Presse, allein Gespräche mit der Staatssicherheit seien kein hinreichender Grund, um jemanden aus dem Kirchendienst zu entlassen. Ohnehin könnten die Akten der Gauck-Behörde nicht als alleiniger Maßstab kirchlichen Handelns dienen. Die in den Stasi-Akten enthaltenen Schlußfolgerungen »für die Wahrheit« zu nehmen, sei »fahrlässig«. adn

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